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Arbeiten im Homeoffice: Ein Anwalt gibt Tipps

FAMILIE, MUM

Viele arbeiten derzeit im Homeoffice. Doch wer regelt hier die Arbeitszeiten und wer bezahlt die Ausstattung des Arbeitszimmers. Ein Anwalt erklärt, was es beim Arbeiten von Zuhause zu beachten gilt.

Text: Steffi Staiger

Aus Rücksicht auf die Gesundheit und zum Schutz aller sind zahlreiche Büros seit Ausbruch der Corona-Pandemie und dem zweiten Lockdown nicht mehr vollständig besetzt. Vor allem Eltern, deren Kinder wegen Kita- und Schulschließung betreut werden müssen, sind zu „Heimarbeitern“ geworden – freiwillig oder unfreiwillig.

Oft wird im Wechsel gearbeitet, Konferenzen und Meetings finden per Video-Call statt. Deutlich mehr Deutsche als je zuvor arbeiten von zu Hause aus. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) möchte für Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf mindestens 24 Tage Homeoffice im Jahr gesetzlich verankern. Den gibt es bislang nämlich nicht. Trotzdem haben sehr viele Firmen und Unternehmen ihren Mitarbeitern in der jüngsten Zeit das Arbeiten in den eigenen vier Wänden ermöglicht. Mit durchaus positiven Effekten.

Mehr Zeit, aber auch mehr Unterbrechungen

Der Weg zur Arbeit, oft verbunden mit Stress, entfällt. Die Arbeitszeit kann flexibler gehandhabt werden, die Verbindung von Job und Familie fällt vielen leichter. Zahlreiche Arbeitnehmer merken, dass sie von zu Hause aus effizienter und schneller arbeiten. Aber es gibt auch umgekehrte Erfahrungen: Die Trennung von Beruf und Privatem fällt zunehmend schwer, die Grenzen verschwimmen. Und gerade bei Familien mit kleineren Kindern ist es nicht so einfach, dem Nachwuchs zu erklären, dass Mama und Papa zwar zu Hause sind, aber dennoch arbeiten müssen.

Trotzdem ist der Trend zum Homeoffice und zu mobilem Arbeiten seit Corona nicht mehr zu stoppen. „Das Virus hat uns gelehrt, dass mobiles Arbeiten nicht nur etwas für junge Leute aus Agenturen ist, die mit Laptop und Latte Macchiato im Café sitzen“, sagt Bundesarbeitsminister Hubertus Heil. Doch auch für mobiles Arbeiten und Homeoffice müsse es in Zukunft gewisse einheitliche Regeln geben.

Homeoffice

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Mobiles Arbeiten oder Homeoffice – was macht den Unterschied?

Dabei gilt es zunächst, die Begriffe mobiles Arbeiten und Homeoffice zu definieren.„Homeoffice ist das ortsgebundene Arbeiten von einem Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden. Unter Arbeiten im Mobile Office versteht man das ortsungebundene Arbeiten an jedem denkbaren Ort, der durch den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin zum Arbeitsplatz gemacht wird. Dieser Arbeitsplatz kann dann im Café, auf dem Spielplatz, im Park, Freibad, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder sonst wo liegen, natürlich auch in der eigenen Wohnung. Entscheidend für die Abgrenzung zum Homeoffice ist hierbei, dass der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin weitestgehend selbstständig entscheidet, wo er/sie seine/ihre Arbeitsleistung erbringen will“, erklärt Karsten Biesel, Anwalt für Arbeitsrecht in Berlin. Viele Arbeitnehmer empfinden das Arbeiten in den eigenen vier Wänden, am besten in einem Arbeitszimmer (sofern das vorhanden ist), als angenehmer. Denn so lässt sich am ehesten eine büroähnliche Situation herstellen, in der in Ruhe und konzentriert gearbeitet werden kann.

Ob das auch am heimischen Küchentisch gelingt, ist natürlich immer auch eine individuelle Sache. Nicht jede Familie verfügt über ausreichend Platz, um ein separates Arbeitszimmer einzurichten. Um ein wenig Ruhe zu finden, wird dann auch gerne mal das Gäste- oder Bügelzimmer zum Arbeitsraum umgewandelt. Denn auch beim mobilen Arbeiten und im Homeoffice gelten die sonst im Büro üblichen Arbeitszeiten, die zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbart sind.

Wer kontrolliert die Arbeitszeit im Homeoffice?

Der Umfang der Arbeitszeit gehört zu den sogenannten Mindestarbeitsbedingungen, die der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich niederzulegen hat“, erläutert Rechtsanwalt Karsten Biesel. „In den allermeisten Fällen geschieht dies bereits durch eine entsprechende Klausel zur Arbeitszeit im Arbeitsvertrag. Meist ist in dieser Klausel nur der Umfang der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit angegeben. Die genaue Lage der Arbeitszeit darf der Arbeitgeber dann aufgrund gesetzlicher Regelungen im Rahmen des sogenannten Direktionsrechts nach billigem Ermessen näher bestimmen. Bei der Ausübung dieses billigen Ermessens muss der Arbeitgeber auch persönliche Belange des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin mit einbeziehen, wie etwa die Notwendigkeit, Kinder zu einem bestimmten Zeitpunkt von der Kita abzuholen. Feste Arbeitszeiten, die den exakten Beginn, das Ende und die Lage der Pausen definieren, können im Arbeitsvertrag vereinbart werden und begrenzen insoweit das Direktionsrecht des Arbeitgebers, hiervon wird aber seltener Gebrauch gemacht.“

Das Arbeiten von zu Hause aus ermöglicht also einen flexibleren Umgang, was Pausen angeht. Die vertraglich festgelegte Arbeitszeit bleibt aber einzuhalten. Das ist im Homeoffice nicht anders als im Büro. Kontrollmöglichkeiten sind bislang vor allem die Erreichbarkeit der Arbeitnehmer während der Arbeitszeit (telefonisch und per E-Mail) sowie die erbrachte Arbeitsleistung. Eine exakte Erfassung mit der Stechuhr wie im Betrieb gibt es nicht. Das Arbeiten von zu Hause aus ist also sowohl Vereinbarungs- als auch Vertrauenssache.


Krank im Homeoffice: Das sind die Regeln

Natürlich kann man von zu Hause aus arbeiten und krank werden oder ein krankes Kind haben. „Auch in diesem Punkt gelten im Homeoffice keine anderen Regelungen als sonst bei einer Tätigkeit im Betrieb“, erklärt Experte Karsten Biesel. „Wird der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin arbeitsunfähig krank oder kann die Arbeitsleistung nicht erbringen, weil es ein erkranktes Kind zu betreuen gibt, dann ist dies unverzüglich dem Arbeitgeber mitzuteilen. Der Arbeitsvertrag kann hierfür gesonderte Regelungen vorsehen, meist wird hierzu aber nur der Wortlaut der gesetzlichen Regelung wiederholt.

Die Entgeltfortzahlung für den Entgeltfortzahlungszeitraum von sechs Wochen für den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin selbst ist im Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) geregelt. Ob der Arbeitgeber/die Arbeitgeberin im Falle der Erkrankung des Kindes auch die Vergütung fortzuzahlen hat, hängt davon ab, ob und inwieweit dies im Arbeitsvertrag wirksam ausgeschlossen ist, was möglich ist, da das Gesetz in diesem Punkt keine zwingende Wirkung hat. Dann hat der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin gegebenenfalls lediglich einen Anspruch auf Leistung von Krankengeld gegenüber der Krankenversicherung“, so Karsten Biesel.

Der Versicherungsschutz im Homeoffice entspricht im Wesentlichen dem, was auch am Arbeitsplatz gilt: „Wenn eine Rechtsgrundlage für die Tätigkeit im Homeoffice besteht, etwa durch eine Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, eine Betriebsvereinbarung oder seltener einen Tarifvertrag, dann ist das Homeoffice auch Arbeitsplatz. Insofern greift hier bei einem Arbeitsunfall auch die Berufsgenossenschaft ein. Etwas anderes kann jedoch gelten, wenn sich der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin von dem festen Arbeitsplatz in die Küche bewegt, um einen Kaffee zu kochen. Dies ist dann auch kein Wegeunfall“, erläutert uns Karsten Biesel.

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Büroausstattung: Was bezahlt der Arbeitgeber?

Nicht jeder ist sofort perfekt für das Arbeiten von zu Hause ausgestattet. Smartphone und Laptop sind zwar inzwischen fast Standard in jedem Haushalt, doch können sie nicht als selbstverständlich vorausgesetzt werden. „Grundsätzlich stellt der Arbeitgeber im Betrieb natürlich alle erforderlichen Arbeitsmaterialien zur Verfügung“, sagt Karsten Biesel. „Er allein entscheidet aber auch, was erforderlich ist. Schließen die Arbeitsvertragsparteien eine Homeoffice-Vereinbarung, wird hierin meist geregelt, wer welche Arbeitsmittel zur Verfügung stellt und die Kosten für die Einrichtung des Homeoffice trägt. Das Ergebnis dieser Vereinbarung hängt in den meisten Fällen davon ab, wer das größere Interesse daran hat, dass im Homeoffice gearbeitet wird. Möchte der Arbeitgeber – etwa zur Einsparung von Büroraum – gern, dass der/die Arbeitnehmer/in im Homeoffice tätig wird, so wird er regelmäßig anbieten, einen großen Teil der Kosten für die Einrichtung des Arbeitsplatzes und die Arbeitsmittel zu übernehmen. Ist es allein der/die Arbeitnehmer/in, die gern im Homeoffice arbeiten will, wird der Arbeitgeber hier zurückhaltender sein“, so der Experte.

Im Grunde empfiehlt es sich also, konkret anzusprechen, was für das Arbeiten von zu Hause aus benötigt wird, und dann gemeinsam nach Absprache die entsprechende Ausrüstung zu organisieren.

Vor- und Nachteile vom Arbeiten im Homeoffice

Obwohl der Corona-Lockdown im Frühling und der zweite im Dezember viele Arbeitnehmer ins Homeoffice befördert hat, können die meisten dem Modell positive Seiten abgewinnen. Vor allem der eingesparte Arbeitsweg und die dadurch gewonnene Zeit und der entfallende Stress werden nach einer Umfrage der DAK gemeinsam mit den Forschungsinstituten Forsa und IGES positiv bewertet. Vor allem bei Pendlern, bei denen sonst im wahrsten Sinne viel Zeit auf der Strecke bleibt.

Auch die flexiblere Arbeitseinteilung wird von den meisten als Plus empfunden, ebenso wie die Ruhe und die höhere Effizienz, die man im besten Fall beim Arbeiten von zu Hause aus hat. Diesen Eindruck teilt auch Karsten Biesel. „Nach meiner Erfahrung in der anwaltlichen Praxis sind im Zuge der Coronakrise viele Arbeitgeber dazu übergegangen, ihre Mitarbeiter im Homeoffice zu beschäftigen. Oftmals wurde hierbei festgestellt, dass entgegen voriger Erwartungen der Arbeitgeber das Arbeitsergebnis besser ist als im Betrieb. Natürlich kommt es immer auf die konkrete Tätigkeit und den einzelnen Mitarbeiter an. Nicht jede Tätigkeit eignet sich für das Homeoffice. Wichtig ist, dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen einer Homeoffice-Vereinbarung über die wesentlichen Punkte einigen, damit es nicht zum Streit kommt“, sagt der Arbeitsrechtler.

Als Nachteile werden von Arbeitnehmern vor allem die fehlende Abgrenzung von Arbeits- und Privatleben genannt ebenso wie der ausbleibende Kontakt und Austausch mit den Arbeitskollegen, den viele vermissen. Besonders Mütter empfanden die vergangenen Monate oft sogar als deutlich stressiger, denn die mehrfache Belastung durch Homeoffice, Haushalt und Kinderbetreuung bleibt leider nach wie vor viel zu oft an den Frauen hängen.

Wunschvorstellung: Wechselmodell

Vielleicht wäre ein Wechselmodell zwischen Homeoffice und Anwesenheit im Büro oder Betrieb tatsächlich ein guter Kompromiss. Es bleibt abzuwarten, inwiefern die Politik in nächster Zeit einen gesetzlichen Rahmen für flexiblere Arbeitsmodelle schaffen wird. Fest steht in jedem Fall, dass die klassische Präsenz am Arbeitsplatz weniger wird und wir öfter mobil oder im Homeoffice arbeiten werden. Es lohnt sich deshalb – schon im eigenen Interesse –, sich seinen Arbeitsplatz bestmöglich zu gestalten.

 

Bilder: Gettyimages

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