Von Geschwistern und Patchworkfamilien: Diese Bücher wollen wir unbedingt lesen!
Strand, Pool, Park… Ein Buch muss mit! Wir haben einige spannende Romane ausgesucht, die sich passend zur mum um ein Thema drehen: Familie.
Große Geschwisterliebe
Was passiert, wenn die Sicherheit auf die man im Leben gehofft hat plötzlich weg bricht? Eine Frage, mit der die Geschwister Melody, Jack, Bea und Leo unfreiwillig konfrontiert werden. Sie sind in ihren Vierzigern und was ihre Karrieren betrifft keine Überflieger. Trotzdem wussten sie all die Jahre eines ganz sicher: Sie würden mit einem satten Erbe rechnen können. Doch kurz bevor es zur Auszahlung kommt, offenbart ihre Mutter (gewohnt kaltschnäuzig) eine katastrophale Nachricht: Sie hat das Gesparte dazu verwendet, den Playboy Leo aus einer Notlage zu befreien, die ansonsten das Ansehen der ganzen Familie hätte beschädigen können. Autorin Cynthia D’Aprix Sweeney zeigt unterhaltsam und mit vielen überraschenden Wendungen, wie die vier Geschwister mit der neuen Situation umgehen und ihre Lebensentwürfe überdenken. Sweeney ist eine sehr gute Beobachterin und spart beim Erzählen nicht mit Witz und Boshaftigkeit. Beim Lesen ist man bereits versucht sich vorzustellen, welche Schauspieler man für die Hauptrollen besetzen würde, denn „Das Nest“ eignet sich wunderbar als Vorlage für eine schön böse Filmkomödie.
Cynthia D’Aprix Sweeney, Das Nest, Klett Cotta für 19,95 Euro.
Neue Lebenseinstellungen
Patchworkfamilien sind selten einfach. Das müssen auch Julia und James erleben. Als sie sich (spät) verlieben wollen sie als logische Konsequenz ihre Haushalte zusammen leben. Doch ihre beiden Kinder Gwen und Nathan, beide im Teenageralter, sind von den neuen Umständen gar nicht begeistert. Sie rebellieren wo es nur geht. Trotzdem will das glückliche Paar sich nicht beirren lassen. Jetzt soll es mal um sie beide und um ihr Leben gehen. Mit Hartnäckigkeit und Geduld zimmern sie die Neu-Familie zusammen und alles scheint irgendwie zu funktionieren – bis eine Nachricht das filigrane neue Konstrukt wieder ins Wanken bringt. Francesca Segal wurde für ihren Debütroman „Die Arglosen“, der 2013 erschien, vielfach ausgezeichnet. Ihr neues Werk ist wieder geprägt von feinsinnigen Beobachtungen und einer eleganten Sprache.
Francesca Segal, Ein sonderbares Alter, Kein & Aber für 24 Euro.
Familie im Wandel
Die wohlhabende Familie Porter verbringt seit Generationen jeden Sommer in Ashaunt, einer Halbinsel vor Massachusetts. Dort sind die Sommer endlos, besonders die Kinder genießen die Freiheit und Unbeschwertheit. Doch die Idylle wird getrübt als 1942 in der Nachbarschaft zum Sommersitz ein Militärstützpunkt entsteht. Überall sind Soldaten und alle reden vom Krieg.
Autorin Elizabeth Graver erzählt die Familiengeschichte der Porters nicht kontinuierlich. Sie sucht sich verschiedene Personen aus, beleuchtet sie und ihr Leben näher. Dabei wechselt sie, zu den Figuren passend, den Ton, arbeitet mit Rückblenden und Verweisen. Die Erzählweise ist durchaus anspruchsvoll, was beim Lesen volle Konzentration erfordert. Manche Figuren kommen einem dabei näher, andere bleiben auf Distanz. Als zentrales Motiv bleibt das Haus in Ashaunt, in dem sich die Familie jeden Sommer aufs Neue trifft. Dort werden wichtige Entscheidungen getroffen, neue Handlungsfäden gesponnen. Obwohl Graver stellenweise einen etwas spröden Ton anschlägt, ist die Geschichte der Porters ein ergreifendes Familienportrait. Eine Lektüre, die wie der Titel verspricht, perfekt für den Sommer ist.
Elizabeth Graver, Der Sommer der Porters, Mare Verlag für 22 Euro.
Die große Befreiung
Anne Tyler schreibt immer wieder über Familien. Wer zum Beispiel „Dinner im Restaurant Heimweh“ gelesen hat weiß, was für eine brillante Erzählerin hier die engsten Beziehungen mit Geist und Witz auseinander nimmt. In ihrem neuen Roman „Die störrische Braut“ hat Tyler sich „Der Widerspenstigen Zähmung“ von Shakespeare als Motiv vorgenommen. „Katharinas Verwandlung von einer selbstbewussten jungen Frau in eine lammfromme Ehegattin muss doch einen tieferen Grund haben. Den wollte ich herausfinden und die Geschichte neu erzählen,“ erklärte Tyler.
Ihre Hauptfigur Kate Battista hasst Kinder, obwohl (oder gerade?) weil sie in einem Kindergarten arbeitet. Sie muss sich um ihren Vater, einen egozentrischen Wissenschaftler kümmern und um ihre Schwester, die ihr nicht nur damit auf die Nerven geht, dass sie jeden Satz wie eine Frage formuliert. Kate fühlt sich gefangen. Als ihr Vater dann noch mit der Idee um die Ecke kommt, sie solle seinen wissenschaftlichen Assistenten Pjotr heiraten, damit dieser mangels Aufenthaltsgenehmigung nicht des Landes verwiesen wird, sieht Kate rot. Ein unbeschwerter Lesespaß in dem nicht an Ironie gespart wird.
Anne Tyler, Die störrische Braut, Albrecht Knaus Verlag für 19,99 Euro.
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