DIY: Selbstständig als Kreative – 5 Mütter erzählen

DIY: Selbstständig als Kreative – 5 Mütter erzählen

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Fenke Gabriel-Schwan

Mit den Händen arbeiten, etwas selber herstellen – ein Ausgleich, den sich viele zum klassischen Büroalltag suchen. Nicht umsonst ist DIY schon seit ein paar Jahren ein großer Trend. In Schwangerschaft und Elternzeit reift dann in vielen der Wunsch, etwas neues zu machen und sich beruflich neu zu orientieren.

Warum also nicht das Hobby zum Beruf machen? Eine Möglichkeit, die dank Verkaufsplattformen wie Etsy wahr werden kann und etwas, das anscheinend besonders Frauen anspricht. Immerhin werden 86% der Shops auf der DIY-Verkausfplattform von Frauen betrieben. 5 Mamas, die selbstständig als Kreative sind, erzählen hier ihre Geschichte.

Familie kleiner Tiere

Christiane Herrmann arbeitet als Grafik Designerin und Illustratorin. Sie lebt mit ihrem Mann und Tochter (12) in Köln. In Ihrem Shop Familie kleiner Tiere verkauft sie Poster fürs Kinderzimmer und fertigt auf Bestellung Familienporträts an.
„Ich bin seit 2014 bei Etsy. Der Shop dort macht etwa 50% meiner Selbständigkeit aus, die andere Hälfte arbeite ich als Grafik Designerin. Seit 2003 bin ich freiberuflich als Grafik Designerin tätig, davor war ich als Art-Directorin in Werbeagenturen angestellt. Die Idee, eigene Produkte für Kinder zu entwerfen, kam dann etwas später in der Schwangerschaft. Zu der Zeit gab es noch nicht so viele tolle Sachen für Kinder und so habe ich einfach angefangen, Poster fürs Kinderzimmer zu zeichnen und zu verkaufen.
Gerade für Mütter kann es viele Vorzüge haben, selbständig zu arbeiten. Man kann sich die Arbeitszeit flexibel einteilen und kann für die Kinder da sein, wenn sie einen brauchen. Da ich mir am Anfang kein eigenes Büro leisten konnte, habe ich in einer Ecke des Kinderzimmers gearbeitet. Mittlerweile bin ich in einer kreativen Bürogemeinschaft und habe viel Platz und meine Tochter kommt oft nach der Schule zum Mittagessen vorbei. Kreativ profitiere ich auch enorm von der Selbständigkeit, da mir niemand reinredet und ich alles allein entscheiden kann. Das könnte man natürlich auch als Nachteil empfinden, denn zu viel Freiheit kann auch schwierig sein.
Es bleibt natürlich die finanzielle Unsicherheit, die aber von meinem Mann mitgetragen wird. Trotzdem gibt es im kreativen Bereich durch den Onlinehandel mit Marktplätzen wie Etsy viele Möglichkeiten, selbständiges Arbeiten auszuprobieren, ohne große Risiken einzugehen. Man kann parallel zum festen Job schon an Ideen feilen und in einem Onlineshop testen, wie das Produkt oder die Dienstleistung ankommt.“

Herz im Sturm

Herz im Sturm Stempel Etsy Shop
Charlotte Grunow lebt mit Mann und Sohn (3) in Nürnberg im kreativen Viertel Gostenhof. In ihrem Shop Herz im Sturm verkauft sie Stempel, Siegel und hochwertige Papeterieprodukte. Seit 2011 ist ihr eigener Shop ein fester Bestandteil ihres beruflichen Auskommens.

„
Während meiner Ausbildung war meine kleine Firma eine Art Spielwiese für mich: eigene Kunden betreuen, Produkte ausprobieren und der Öffentlichkeit präsentieren. Mir war es immer wichtig, nicht als Einzelkämpferin dazstehen. Mittlerweile habe ich deshalb zum einen helfende Hände, die mich in Hochphasen unterstützen, zum anderen teile ich mir meine Werkstatt mittlerweile mit anderen Kreativen. Das sorgt für gegenseitigen Austausch und Unterstützung.
Als mein Sohn auf die Welt kam und ich Elterngeld beantragen wollte, wurde mir erst klar, dass die Regeln für Angestellte und Selbstständige leider vollkommen verschieden sind. Es wurden Zeiträume meiner Erwerbstätigkeit zur Berechnung herangezogen zu denen ich noch nicht mal daran dachte, dass wir bald ein Kind haben würden… Deshalb hat mein Mann einen Großteil der Elternzeit mit Elterngeld für uns in Anspruch genommen hat und nicht ich. Es machte in der Realität aber kaum einen Unterschied: Wir waren viel zu dritt unterwegs und ich teilte mir die Zeit ein – die Firma musste weiterlaufen. Das hieß auch, dass ich fast vom ersten Tag nach der Geburt weitergearbeitet habe: Pakete mussten in der Vorweihnachtszeit verschickt werden, mein Stand am Christkindlesmarkt in Nürnberg bestückt und beschickt werden. Ein Zurücklehnen nach der Geburt war bei uns nicht möglich, mein erstes Kind – die Firma – brachte immerhin der ganzen Familie ein Auskommen. Das ist also einer der Nachteile: Ständige Verfügbarkeit für die Firma. Ein aber ebenso schöner Vorteil: Man kann die Arbeit mit viel Organisationstalent auch an verschiedenen Orten und Zeiten ausführen – ich arbeite oft abends oder sehr früh.
Was ich heute anders machen würde? Ich würde mir früher jemanden suchen, der mich in der Firma unterstützt. Wir sind privat gut aufgestellt durch zwei Omas und zwei Opas, die die Kinderbetreuung ab und zu übernehmen. Außerdem lege ich allen zukünftigen Gründerinnen ans Herz, sich zu vernetzen. Etsy bietet dafür eine einmalige Stütze: Es gibt weltweit aufgestellte Teams die sich helfen, entweder nach Region oder nach Interessen zusammengestellt. So gibt es zum Beispiel auch regelmässige Treffen mit anderen Verkäufern in Nürnberg.“

Le Petit Fox

Handgefertigte Stoffpuppen und -füchse mit französischem Charme fertigt Elfi Reinecke unter dem Namen „Le Petit Fox“ an. Die Mutter einer 9-jährigen Tochter arbeitet als Grafikerin in einer kleinen Werbeagentur und betreibt einen Onlineshop auf Etsy.

„Ich spreche nicht gerne von Haupt- und Nebenberuf, denn beides hat für mich den gleichen Stellenwert. Die Abwechslung zwischen Handarbeit und Arbeit am Rechner ist einfach perfekt. Schon vor 10 Jahren hatte ich den Wunsch, mich selbstständig zu machen. Aber den Mut, diesen Schritt auch wirklich zu gehen, hatte ich erst vor etwa einem Jahr. Vor allem mein Vater und meine Freunde gaben mir Unterstützung und den nötigen Schubser, den ich gebraucht hab. Ich habe einfach angefangen. Eine der besten Entscheidungen meines Lebens.
Die flexible Zeiteinteilung als Selbstständige ist für mich ein großes Pro. Mein Studio ist zu Hause, in meinem Wohnzimmer. Man kann seinem eigenen Rhythmus folgen, weil man seine eigenen Regeln macht. Und das Wichtigste: es fühlt sich gar nicht richtig wie arbeiten an, weil ich das Nähen so liebe. Das Schwierigste ist die Balance zwischen Beruf, Kind, Alltag und Freizeit zu finden und zu halten. Prioritäten zu setzen ist wichtig, aber das musste ich auch erstmal lernen.
Mir persönlich gibt der Job in der Werbeagentur Sicherheit durch ein festes Grundeinkommen. Das nimmt den Druck raus und ich habe genug Raum für Ideen. Der Glaube an sich selbst und an das, was man tut, versetzt Berge. Dann ist man authentisch und überzeugend. Eine Geschäftsfrau wird nicht über Nacht geboren – man muss sich erlauben, in die neuen Aufgaben hineinwachsen zu dürfen. Wir Mütter neigen ja leider immer ein bisschen zum Über-Perfektionismus und zu Selbstzweifeln. Man denkt viel kaputt, obwohl man als „Mumboss“ schon Einiges mitbringt: Organisationstalent, Empathie, Flexibilität und Geduld. Klar, ein konkretes Ziel vor Augen braucht man, sollte aber nur das Nötigste planen – es kann ja auch mal was dazwischenkommen. Ich gebe bei Spezialanfertigungen z. B. eine längere Lieferzeit an. Meist geht es schneller, aber so bleibe ich flexibel. Das sind oft Kleinigkeiten, die den Unterschied machen und einen vor einem Nervenzusammenbruch bewahren. Es ist auch nicht wichtig, dass alles sofort perfekt läuft, weil es sich mit der Zeit entwickelt und einspielt. So wie mit einem Kind und dem Mutti-Dasein eben. Und zu guter Letzt: ein funktionierendes Netzwerk mit anderen selbstständigen Müttern ist inspirierend und sehr hilfreich – wir haben alle die gleichen Sorgen und können viel voneinander lernen!“


SiebenMorgen

Tinee Häcker ist hauptberuflich freie Künstlerin und lebt mit Mann und zwei Töchtern (6 und 9 Jahre) und einer Katze in einem kleinen, alten Häuschen in Stuttgart. In ihrem Shop „SiebenMorgen“ bietet sie Original Druckgrafiken, Linolschnitte aber auch Kunstdrucke und umweltfreundliche Stempel und Papierwaren an.

„Meinen Shop habe ich am Valentinstag 2007 als Versuch gestartet, meine Arbeit einem größeren Publikum vorzustellen und dabei verschiedene Dinge auszuprobieren. Der Versuch hat ganz gut geklappt. SiebenMorgen wurde schnell zur Vollzeitbeschäftigung. Seitdem meine Tochter in die Schule geht, arbeite ich aber nur noch nebenher, da mein Mann leider immer noch besser verdient als ich.
Richtig bewusst habe ich diese Entscheidung zur Selbsständigkeit nie getroffen, es hat sich so ergeben. Seit Abschluss meines Kunststudiums 2001 arbeite ich freiberuflich als freie Künstlerin und habe, bis die Kinder kamen, alle möglichen Jobs zum Broterwerb gemacht. Kunst habe ich hauptsächlich für Ausstellungen und die Künstler-Märkte gemacht. Die Märkte waren sehr erfolgreich und so begann ich erstmals damit, zielgerichtet für den Verkauf zu entwerfen und zu produzieren, bis ich dann irgendwann den Onlineshop eröffnet habe.
Viele Selbstständige betonen ja gerne den Vorteil der freien Zeiteinteilung, aber so frei ist die nicht – schon gar nicht, wenn man Kinder hat! Denen ist es nämlich völlig egal, wann deine produktivste Zeit ist, morgens oder abends, spät nachts geht sowieso gar nicht, weil ja am nächsten Tag in aller Früh, ihr wisst schon. Also teilen die Kinder meine Zeit ein. Ich finde es aber äußerst vorteilhaft, die ständig wechselnden Zeitpläne und Fehltage wegen kranken Kindern nicht vom Arbeitgeber absegnen lassen zu müssen. Weitere Vorteile eines Online-Shops sind, dass man den ganzen Tag sowohl im Schlafanzug als auch im Bikini arbeiten könnte, keine regulären Schließ- und Öffnungszeiten hat und Fragen auch mal mit vollem Mund beantworten kann. Es ist echt praktisch von zu Hause zu arbeiten, wenn die Zeitfenster klein und die Kinder beschäftigt sind. Trotzdem möchte ich mein Studio im Nachbarort nicht missen. Von dort aus lässt sich das Chaos zuhause viel besser ignorieren. Auch wenn es oft eher anstrengend ist, nehme ich meine Kinder gern mit zur Arbeit, ins Studio, auf Märkte, zu Vernissagen. Ich liebe es, Zeit mit ihnen zu verbringen, Dinge gemeinsam zu erleben. Noch lieben sie es auch… Ich kann jeder anderen Mutter, die sich selbstständig machen will, auf jeden Fall raten, sich Hilfe und Unterstützung zu suchen. Sei es zum Babysitten oder für die Buchhaltung. Ein feines kleines Netzwerk zum Austausch von Erfahrungen ist Gold wert! Wer professionellen und fachkundigen Rat sucht, wird z.B. bei meinen Freundinnen Sophie und Catharina von Happy New Monday  fündig, die sich auf die Beratung von kreativen Gründer*innen und Kleinunternehmen spezialisiert haben.“

Skelini

Jelena Güntsch fertigt und verkauft unter dem Namen „Skelini“ Schmuck aus Porzellan. Sie wohnt mit ihrer Familie in Nürnberg und ist Mutter eines 5-jährigen Sohnes. Sie ist zwar noch im Bereich Marktforschung angestellt, aber die Arbeit mit Porzellan ist ihre Hauptberufung geworden.

„Meine Selbstständigkeit hat sich ganz langsam entwickelt. Ich bin in Kroatien an der adriatischen Küste geboren und aufgewachsen und habe dort schon vor vielen Jahren als Studentin meinen Schmuck über Kunstgalerien vor allem an Touristen verkauft. Damals war es primär ein Hobby und kein Business. Nach dem Abschluss des Studiums habe ich also erstmal in der Marktforschung begonnen zu arbeiten – zunächst in Kroatien und später dann der Liebe wegen in Deutschland. Ich habe nie aufgehört mit Porzellan zu arbeiten und habe eine Möglichkeit gesucht, den Schmuck weiter zu verkaufen. Dabei habe ich Etsy entdeckt und einen Online Shop eröffnet. Vor fünfeinhalb Jahren ist mein kleiner Sohn auf die Welt gekommen. Während der Elternzeit habe ich mein Hobby weiterentwickelt und mit jeder neuen Kollektion verschiebt sich das Gewicht zwischen Hobby und Beruf.
Der größte Vorteil an meiner (nebenberuflichen) Selbstständigkeit ist für mich, dass ich mich wirklich dem widmen kann, was ich am meisten liebe. Ich kann mit verschiedenen Tonarten, Glasuren und Formen zu experimentieren; diesen Zauber immer wieder erfahren und meine Arbeit genießen. Nachteile? Wenn man angestellt ist, ist man primär mit dem eigenen Fachgebiet beschäftigt. Wenn man selbstständig ist, muss man die gesamte Breite abdecken, auch unbeliebte Themen, wie z.B. Finanzen.
Ich kann allen Mamas, die ähnliche Pläne haben, nur empfehlen mutig zu sein, sich auszutauschen und sich auch mal Hilfe zu holen. Mein Mann unterstützt mich und versteht mich. Er ist auf Design Märkten immer mit dabei, berät mich während der Vorbereitungen und bringt die Päckchen zur Post. Mein Sohn hilft auch schon beim Brennofen ausleeren und beim Einpacken der Bestellungen.“

 

In unserer Rubrik „Working Mum“ findet ihre weitere spannende Porträts von Gründerinnen.

Bild im Slider: Le Petit Foxes

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