Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburt – mehr Rechte für Betroffene

Gestaffelter Mutterschutz nach Fehlgeburt – mehr Rechte für Betroffene

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Kirsten Hemmerde

Bisher hatten Frauen, die ihr Baby im Anfangsstadium der Schwangerschaft verloren haben, kein Recht auf Mutterschutz. Das hat sich endlich geändert: Seit dem 1. Juni 2025 gibt es einen neuen gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburt.

Das steckt hinter der neuen Regelung zum gestaffelten Mutterschutz nach Fehlgeburten

Das etwas sperrig klingende Gesetz zur Anpassung des Mutterschutzgesetzes ermöglicht dir Mutterschutz bei einer Fehlgeburt ab dem zweiten Trimester. In dieser Zeit brauchst du nicht zu arbeiten und erhältst Mutterschaftsgeld. Wie lange du von der Arbeit freigestellt werden kannst, hängt davon ab, in welcher Schwangerschaftswoche du die Fehlgeburt erlitten hast:

  • Ab der 13. Schwangerschaftswoche: 2 Wochen Mutterschutz
  • Ab der 17. Schwangerschaftswoche: 6 Wochen Mutterschutz
  • Ab der 20. Schwangerschaftswoche: 8 Wochen Mutterschutz

Diese Zeiträume sollen Betroffenen die Möglichkeit geben, sich körperlich und seelisch zu erholen. Ohne sich rechtfertigen zu müssen. Oder sich eine Krankschreibung „erbetteln“ zu müssen. Ohne Angst um den Job. Übrigens: Nach der 24. Schwangerschaftswoche steht Frauen ein noch weitergehender Schutz von 14 Wochen zu. Denn dann gilt eine Fehlgeburt als Totgeburt.

Schwangerschaft Ultraschall
Ein Baby in einem frühen Stadium der Schwangerschaft zu verlieren, ist tragisch.

Wie erhalte ich Mutterschutz nach Fehlgeburt?

Dein Arbeitgeber und deine Krankenkasse unterstützen dich beim Mutterschutz nach Fehlgeburt. Um die Leistungen zu erhalten, informiere sie so rasch es geht von deiner Situation. Dann erhältst du diese Leistungen:

  • Mutterschutz: Nach Fehlgeburten werden Frauen jetzt ähnlich geschützt wie werdende Mütter. So dürfen sie zum Beispiel nicht gekündigt werden. Und sie brauchen nicht zu arbeiten.
  • Mutterschaftsgeld: Während der Mutterschutzzeit erhältst du weiterhin dein Gehalt, wenn du nicht arbeitest. 13 Euro Lohn pro Tag zahlt die Krankenkasse, dein Arbeitgeber stockt die Differenz dazu auf.

Bei den meisten Krankenversicherungen und Arbeitgebern reicht eine ärztliche Bescheinigung über die Fehlgeburt. Falls dein Arzt es noch nicht kennt: Hier stellt die Kassenärztliche Bundesvereinigung ein Musterformular zur Verfügung.

Darf ich im Mutterschutz nach Fehlgeburt arbeiten?

Ja, du darfst arbeiten – musst es aber nicht. Nach einer Fehlgeburt kann nun jede Betroffene individuell und selbstbestimmt entscheiden, was in dieser Situation das für sie Beste ist. Wenn du dich danach fühlst, darfst du arbeiten gehen. Du kannst auch von der dir zustehenden Mutterschutzzeit nur einige Tage oder Wochen nehmen und eher wieder in den Job zurückkehren. Ganz so, wie du dich fühlst.


Die betroffene Mutter hinter der Petition

Diese Gesetzesänderung ist keine Entscheidung aus einem anonymen Büro oder Ministerium. Sie ist das Ergebnis einer zutiefst persönlichen Geschichte. Natascha Sagorski, Autorin und Mutter, erlitt selbst eine Fehlgeburt – und sollte am nächsten Tag wieder arbeiten. Keine Zeit zum Trauern, kein Mutterschutz, keine Rücksicht.

Denn die damals geltenden Regelungen sahen Mutterschutz erst ab einer Totgeburt in der 24. Woche vor. Das wirkte sich massiv auf die Betroffenen aus. Das Gefühl der Ohnmacht, der Zwänge, des Nicht-Gesehen-Werdens und der Trauer führten bei vielen zu Depressionen – die IKK Südwest spricht sogar von 60 Prozent aller Frauen.

Natascha startete eine Petition, die innerhalb kürzester Zeit mehrere zehntausend Unterschriften sammelte. Sie sprach in Talkshows, schrieb Briefe, hielt Reden. Und sie wurde gehört. Ihre Petition war der Anstoß für ein Umdenken – und letztlich für das neue Gesetz. „Ich bin sehr froh und dankbar, dass betroffene Frauen den Mutterschutz nun endlich in Anspruch nehmen können. Immer wieder haben mich in den letzten Monaten Nachrichten von Frauen erreicht, die Fehlgeburten, aber eben noch keinen Anspruch auf Mutterschutz hatten. Das wird sich ab Sonntag ändern.“ So die 40-jährige zweifache Mutter und führt weiter aus: „Was jetzt besonders wichtig ist, dass möglichst viele Menschen von diesem neuen Recht erfahren. Wir haben nun drei Jahre lang für den gestaffelten Mutterschutz gekämpft, jetzt ist es wichtig, dass die Frauen ihr Recht auch kennen.“

Fehlgeburten sind kein Tabuthema

Das Gesetz ist neu, das Thema Fehlgeburt ist es nicht. Schätzungsweise endet mehr als jede fünfte Schwangerschaft in einer Fehlgeburt. Viele Frauen haben bereits leidvolle Erfahrungen mit dem Verlust ihres Babys gemacht. Nun verbessert sich ihr Schutz. Aber:

  • Viele Ärzte, Arbeitgeber und selbst Betroffene wissen aber noch nichts von der neuen Regelung. Hilf mit, sie bekannt zu machen.
  • Fehlgeburten sind kein Tabuthema. Nur durch offene Gespräche wird gesellschaftlicher Druck abgebaut.

In einer Gesellschaft, die auf Leistung, Funktionieren und „Schnell-weiter-machen“ ausgerichtet ist, sendet dieser Schritt ein starkes Signal. Ein stilles „Ich sehe dich“ für jede Frau, die im Verborgenen leidet. Das sagt auch Bundesfamilienministerin Karin Prien: „Der gestaffelte Mutterschutz ist eine wichtige Errungenschaft und erkennt die schwierige Lage an, in der sich Frauen befinden, die eine Fehlgeburt erleiden. Die neue Regelung bietet betroffenen Frauen mehr Schutz und Erholung und stärkt zugleich ihre Selbstbestimmung.“

Bildquelle: Getty

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