Gründerin: Im Gespräch mit Kirsten Scholl von Kleines Karussell!
Immer mehr Frauen gründen ihr eigenes Unternehmen – besonders, wenn sie Mütter werden oder es bereits sind. „Mompreneurs“ liegen voll im Trend. Aber warum ist das so? Kirsten Scholl ist Mutter von Zwillingen und erzählt, wie sie als ehemalige Art-Direktorin zur erfolgreichen Onlineshop-Besitzerin wurde.
Interview: Isabelle Jänchen
Liebe Kirsten, warum hast Du genau zum Zeitpunkt Deiner Schwangerschaft mit der Planung Deines Onlineshop begonnen?
Den Traum vom eigenen Shop hatte ich schon bevor ich mit meinen Zwillingen Ella und Mari schwanger wurde. Allerdings war ich zu dieser Zeit zu sehr eingebunden in die Anforderungen meines recht arbeitsintensiven Jobs als Art Direktorin.
Doch da meine Schwangerschaft als Risikoschwangerschaft eingestuft wurde, erhielt ich bereits ab der 14. Woche ein Beschäftigungsverbot. Und ab da hatte ich dann ausreichend Zeit, mich erstmals ernsthaft mit dieser Idee auseinanderzusetzen.
Wie lief die Umsetzung? War es eine stressige Zeit, ging es gut, gab es Schwierigkeiten?
Gerade zu Beginn gab es natürlich den einen oder anderen Moment, an dem ich daran gezweifelt habe, ob ich das überhaupt alles schaffen kann.
Ich erinnere mich zum Beispiel noch sehr genau an ein Wochenende in Dänemark. Die Mädchen waren gerade 2 Monate alt und meine Mutter, mein Mann und ich überlegten, wie wir es nun alles angehen sollten. Die Liste der Dinge, die es zu planen galt, wurde mit jeder Stunde länger und länger. Mitunter kam es zu langen und kontroversen Diskussionen.
Dabei war ich zu diesem Zeitpunkt zwar weiterhin hoch motiviert, aber gleichzeitig noch völlig ausgelaugt von den ersten Wochen nach der Geburt. Entsprechend wäre mir lieber nach schnellen, einstimmigen Entscheidungen sowie kleiner, überschaubarer Todo-Liste gewesen. Aber im Nachhinein war es natürlich eine gute und extrem wichtige Übung. Auch wenn die Aufgabenliste nicht gerade klein war, so hatte ich dann einen guten Überblick und konnte die anstehenden Aufgaben strukturiert angehen.
Und zum Glück war ich hier ja auch nicht allein – meine Mutter hat mich super unterstützt und auch immer wieder nach vorne gepusht in Zeiten, die schwieriger waren. Das macht sie auch jetzt noch. Und auch der Umstand, dass mein Mann in dieser Zeit zwei Mal über mehrere Monate Elternzeit eingereicht hatte, war sehr hilfreich. So konnte ich an meinen Shop-Konzept arbeiten, während er sich um Haushalt und Kinder gekümmert hat.
Wenn man dann zusätzlich in Kauf nimmt, dass so eine Gründung einfach nicht so schnell geht, sondern alles seine Zeit braucht, dann ist das wirklich ok. Am Ende war es wohl ein Mix aus strukturiertem Vorgehen, Glück in Form von Hilfe sowie ein bisschen Gelassenheit, die mich durch diese Zeit getragen haben.
Wie ging es weiter als die Kinder da waren? Wie schnell bist Du wieder eingestiegen?
Als die Mädchen zwei Monate alt waren, haben wir angefangen, mein Konzept umzusetzen und entsprechende konkrete Maßnahmen geplant. Mit acht Monaten ging es dann schon nach Kopenhagen auf die erste Messe, die ersten Waren wurden bestellt.
Das war sehr spannend, zumal meine Website zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte und ich nicht viel mehr hatte als ein paar Designentwürfe. Verständlicherweise hat das nicht jeden Anbieter sofort vom Hocker gehauen, aber dennoch waren die meisten Gespräche unglaublich positiv. Das war für mich ein sehr wichtiges Feedback zum richtigen Zeitpunkt, von da an habe ich meine Idee mit noch mehr Motivation & Selbstvertrauen verfolgt.
Kurz vor dem ersten Geburtstag der Zwillinge wurde dann schließlich das Gewerbe angemeldet. Ab Januar 2015 konnte ich dann selber nochmal etwas mehr Zeit investieren als ohnehin schon, da die Kinder ab da in die Krippe gingen.
Insgesamt also bin ich recht schnell wieder eingestiegen. Aber auch nur so weit, wie es mit Kindern und Familie vereinbar war. Zum Glück fanden die meine Idee toll und haben mich mehr als gerne unterstützt. So wird aus einem Messebesuch eben schnell ein spannender Ausflug mit der ganzen Familie nach Kopenhagen. Natürlich war auch die Kita schon ein weiterer wichtiger Faktor, sowie der Umstand, dass ich einen Grossteil der konzeptionellen Arbeit bereits während der Schwangerschaft erledigt hatte.
Deine Bilanz – würdest Du rückblickend wieder zu dieser Zeit gründen? Was waren Vorteile? Kannst Du Deine Selbstständigkeit flexibler mit der Familie vereinbaren, als wenn Du einen „normalen“ Job hättest?
Ich würde diesen Schritt in jedem Fall immer wieder gehen, weil ich meinen Traum verwirkliche. Noch nie zuvor hatte ich so viel Spaß an meiner Arbeit. Und nebenbei gibt es in der Tat einige Vorteile gegenüber dem Angestellten-Leben.
Zum Beispiel bin ich flexibel, was den Standort meines Arbeitsplatzes betrifft, das macht natürlich einiges einfacher. Wenn die Kinder krank sind und nicht in die Kita können, fangen wir viel durch mich ab, und mein Mann muss keine familienbedingten Krankheitstage einreichen. Die so verlorene Zeit muss ich abends natürlich aufholen, und mein Mann kümmert sich dann größtenteils um die Kinder. Dennoch ist das alles flexibler und weniger kompliziert als bei einer Festanstellung.
Was den Zeitpunkt betrifft, ist eine Gründung während der Schwangerschaft natürlich sehr anstrengend, alleine schon weil man körperlich stark beansprucht wird. Auf der anderen Seite hat man in dieser Phase viel Zeit für sich selber, so dass man sich solchen Themen hinreichend widmen kann. Man muss ja auch nicht alle Aufgaben in diese Phase legen. In jedem Fall ist aber Unterstützung von außen sehr wichtig, zum Beispiel eben von der Familie. Wenn dann an der ein oder anderen Stelle noch ein bisschen Glück dazu kommt, ist das alles zu schaffen.
Generell gibt es den einen richtigen Zeitpunkt wenn überhaupt nur selten. Meistens gibt es immer Dinge, die scheinbar ungünstig sind und einen solchen Schritt unmöglich erscheinen lassen. Aber hier hilft es schon sich zu fragen, was man durch einen solchen Schritt maximal verlieren kann. In meinem Fall war es gut zu wissen, dass ich die Selbstständigkeit im Rahmen der Elternzeit relativ gefahrlos testen konnte. Bei schlechtem Ausgang würde ich wieder zu meinem alten Job zurückkehren. Dies ging Hand in Hand mit einem anfangs relativ übersichtlichen Mitteleinsatz. Im schlechtesten Fall hätte sich der finanzielle Verlust in Grenzen gehalten.
Vielen Dank für das offene Interview, liebe Kirsten!
Titelbild/Teaser: Linda David