Lucie Marshall: „Berlin ist gegen London wie Bullerbü!“

FAMILIE, Menschen

Stefanie Staiger

"Mit Mann und Sohn für ein Jahr nach London? Super Idee, mach´ ich sofort!" Das dachte sich nicht nur Lucie Marshall, sondern auch Tanya Neufeldt, die unter dem Synonym bloggt und ein unterhaltsames Buch über ihre Erfahrungen in der Metropole an der Themse geschrieben hat. Wer also überlegt, vor dem Brexit noch schnell nach London zu ziehen (vielleicht auch nur für kurze Zeit): Wir geben euch einen Einblick in ihre Erlebnisse.

Was war dein erster Gedanke, als es darum ging, dass du mit Mann und Sohn nach London ziehen könntest?

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Wieder glücklich zuhause in Berlin: Tanya Neufeldt (Foto: © Jules Villbrandt)

Ich bin selbst im Ausland großgeworden und habe keine Sekunde gezögert, im Gegenteil. Wenn man mir sagt, ich darf ein paar Monate woanders leben, bin ich die Erste, die Koffer packt (lacht). Ich habe eine große Abenteuerlust, deshalb war es auch keine Überlegung ob, sondern eher wie wir das machen.

Und was war der größte Kulturschock – neben den horrenden Mietpreisen in London?

Der größte Schock ist der Speed und das Energielevel, das London hat. Dort ist alles irrsinnig schnell und wahnsinnig inspirierend. Man kann dort unglaublich viele Dinge sehen und machen, aber alles hat ein ganz anderes Tempo. Es ist wirklich ein wenig wie Fahren auf der Überholspur. Mit kleinem Kind ist das durchaus gewöhnungsbedürftig. Zum Glück ging unser Sohn noch in den Kindergarten, aber in der Schule zieht das dann nochmal ganz gewaltig an. Wir sind morgens häufig an den Eliteschulen vorbeigelaufen, wo die Eltern ihre Kinder schon morgens auf Leistung eingeschworen haben. „Du hast jetzt nur noch eine Prüfung, das schaffst du!“ Da habe ich manchmal gedacht: „Ich bin doch für Montessori- oder Waldorfschule. Alles, nur nicht Vier- oder Fünfjährige schon so peitschen, das ist nicht mein Stil.“ Dagegen ist Berlin wirklich Bullerbü.

Sehr amüsant liest sich dein Kapitel über englische Kindergeburtstage. Welche Stufe des Wahnsinns hat das in London erreicht?

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„Mama, I need to kotz! Was ich in London als Mutter lernte“ von Lucie Marshall, Goldmann, ca. 9 Euro (Cover: Goldmann)

Das ist wirklich bizarr. Diese Stufe der Kindergeburtstags-Hysterie haben wir in Deutschland zum Glück noch nicht erreicht. Das hat aber natürlich auch mit dem Bezirk in London zu tun, in dem wir gewohnt haben. In Notting Hill oder in Kensington leben sehr viele sehr gut situierte Leute, da muss es dann schon eine Hüpfburg und zwanzig Ponys zum Reiten am Kindergeburtstag geben. Wir haben bei unserem Abschiedsfest ganz normale, traditionelle Spiele gemacht wie Topfschlagen, Eierlaufen und Sackhüpfen. Das kam erstaunlich gut an (lacht). Da haben sich dann viele Eltern erinnert, dass sie das früher auch gemacht haben und dass man auch ohne Superlative eine lustige Feier haben kann.

Was machen die Engländer anders? Können wir uns etwas abschauen?

Was die Engländer einfach haben – und das gefällt mir sehr, denn ich habe das auch – ist ein unglaublicher Humor! Die Engländer können wunderbar über sich lachen und haben auch kein Problem damit, sich komplett zum Affen zu machen. Wenn in der Schule Pyjama-Day ist, ziehen natürlich auch die Lehrer Pyjamas an. Und gerne auch alberne mit rosa Häschen drauf (lacht). Was ich auch sehr schön finde, ist, dass Kreativität einen hohen Stellenwert hat. Theater, Malen, Basteln, Musik – das wird nicht abgewertet, sondern hat den gleichen Wert wie Rechnen oder Schreiben. Ich habe mich in London sehr viel freier gefühlt als in Berlin, einfach, weil London so ein „Melting Pot“ ist. Es gibt so viele verschiedene Kulturen und Menschen, die nebeneinander leben. Das habe ich als sehr bereichernd empfunden.

Slider-Foto:  © Jules Villbrandt 

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