„Mama – Von Maria bis Merkel“: Eine Ausstellung über das Mutterbild früher und heute

„Mama – Von Maria bis Merkel“: Eine Ausstellung über das Mutterbild früher und heute

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Alice Beller

Die Ausstellung „Mama – Von Maria bis Merkel“ ist derzeit in Düsseldorf zu sehen.

Mit dem Thema Mutterschaft hat sich Linda Conze intensiv beschäftigt und dem Ganzen eine umfassende Ausstellung gewidmet. Uns hat die Kuratorin erzählt, was die unterschiedlichen Werke gemeinsam haben, wie sich das Mutterschaftsideal verändert hat und warum sie sich wünscht, dass Fürsorge in Zukunft auf viele Schultern verteilt werden sollte.

Für viele ist die Mutter die wichtigste Person im Leben. Und obwohl die Mutterrolle in unserer Gesellschaft so prägend ist, scheint ihre Bedeutung oftmals unterzugehen oder mit Stereotypen belastet zu sein. Linda Conze möchte dem Thema Mutterschaft gerecht werden und hat eine Ausstellung ins Leben gerufen, die das Muttersein in über 120 Werken porträtiert.

Wir haben die Kuratorin der Ausstellung „Mama – Von Maria bis Merkel“ (derzeit im Kunstpalast Düsseldorf) gefragt, woher ihre Inspriation dazu kam und was es mit dem „Mamaphone“ auf sich hat. 

Liebe Frau Conze, was erwartet die Besucher der Kunstausstellung genau?

Linda Marie Conze: Besucherinnen und Besucher können sich auf eine Begegnung mit der ganzen Vielfalt dessen freuen, was Mutterschaft bedeuten kann, von ihren freudigen bis zu den herausfordernden Seiten. Zentrale Werke der Kunstgeschichte treten neben Alltagsgegenstände. Das Spektrum reicht von über 600 Jahre alten Marienfiguren über einen historischen Gebärstuhl bis hin zu Popsongs und Werken der zeitgenössischen Kunst wie Fotografien und Videos. Im Nebeneinander werden unterschiedliche Mutterbilder fassbar, die sich im Laufe der Geschichte stetig verändert haben, die gefeiert, in Frage gestellt und sich immer wieder neu angeeignet wurden.

Die Ausstellung bietet vielfältige Perspektiven darauf, was es heißen kann, eine Mutter zu haben oder zu sein, oder auch, sich gegen Mutterschaft zu entscheiden. Im Gang durch die verschiedenen Kapitel der Schau, die sich Themen wie Care-Arbeit, Bindung oder Familienkonstellationen widmen, zeigt sich, dass Mutterschaft als Thema zutiefst gesellschaftlich geprägt ist und zugleich immer ganz persönliche Erfahrungen berührt. 

Zusammen mit einem kleinen Team haben Sie die Ausstellung kuratiert. Was war Ihre Inspiration dahinter?

Mit Mutterschaft greifen wir ein Thema auf, das die Lebenswelt unserer Besucherinnen und Besucher direkt berührt. Und in diesem Moment wird es auch im Museum meist besonders spannend. Als Kuratorinnen waren wir von Anfang an überzeugt, dass das Thema alle angeht: auch Väter und Menschen ohne eigene Kinder. Es führt direkt zum Kern von Gesellschaft. Und wir wünschen uns, dass die Schau dazu anregt, genau darüber miteinander in den Austausch zu kommen.

Die Ausstellung dreht sich um das Thema Mutterschaft. Was verbinden Sie persönlich mit dem Thema?

Ich hege eine tiefe Bewunderung für Mütter und andere Menschen, die einen großen Teil ihrer Zeit und Energie, ja, ihres Lebens, der Fürsorge widmen. An der Ausstellung zu arbeiten war eine große Freude. In unserem Team haben wir uns immer wieder über persönliche Erfahrungen ausgetauscht, einander von unseren eigenen Müttern erzählt, hitzig diskutiert und auch viel gelacht.

Ausstellung
Judith Samen: Brotschneiden 1997, Chromogener-Farbabzug, Stiftung Museum Kunstpalast Duesseldorf, (Foto: Judith-Samen)

Es werden mehr als hundert Werke gezeigt. Was haben sie gemeinsam?

Sie alle versuchen, Antworten auf Fragen zu finden, die sich mit Mutterschaft verbinden: Was macht eine „gute“ Mutter aus? Wie kann die Fürsorge für Kinder gerecht verteilt werden? Möchte ich Kinder haben? Wem steht der Weg zur Mutterschaft überhaupt offen? Wie gehe ich damit um, keine Kinder bekommen zu können? Wer kümmert sich um meine Mutter, wenn sie alt wird? Welche weiteren Rollen können neben der „Mama“ existieren? Die Gemälde, Skulpturen, Grafiken, Fotografien und Alltagsgegenstände der Ausstellung thematisieren alle auf die eine oder andere Weise, dass Selbstbestimmung und Ohnmacht im Kontext Mutterschaft oft nah beieinander liegen.

Nach welchen Kriterien haben Sie die Werke ausgewählt?

Uns war es wichtig, sowohl die Gegenwart als auch die Geschichte von Mutterschaftsidealen in die Ausstellung zu bringen. Erst im Nebeneinander wird sichtbar, was sich verändert hat, was aber vielleicht auch hartnäckig gleich geblieben ist. Wir haben danach gefragt, welche Exponate bestimmte Themen oder dringlichen Fragen besonders gut auf den Punkt bringen. Dabei haben wir uns von der Sammlung des Kunstpalasts inspirieren lassen und viele Mütter in den eigenen Beständen gefunden, sei es in Gemälden von Paula Modersohn-Becker, in dem Sessel „La Mamma“, einem Designklassiker aus Italien, oder in Fotografien der ostdeutschen Fotografin Sibylle Bergemann. Außerdem haben wir wunderbare Leihgaben anderer, auch internationaler Institutionen, für unsere Schau bekommen.

Welches ist Ihr persönliches Lieblingswerk der Ausstellung? 

Oh, da gibt es viele. Da wäre zum Beispiel die „Steinklopferin“, eine lebensgroße Marmorskulptur, die um 1900 entstand. Sie zeigt eine Mutter, die ihren Säugling mit zu ihrer harten Lohnarbeit im Steinbruch nehmen musste. Ihr müder Körper und der zärtliche Blick, den sie dem Kind zuwirft, das neben ihr zwischen den Steinen gebettet liegt, berühren mich immer wieder. Aber auch am Live-Auftritt von Nina Hagen mit ihrem rotzigen Song „Unbeschreiblich weiblich“, in dem sie gesellschaftlichen Erwartungen an ein gelungenes Frauenleben eine Absage erteilt, erfreue ich mich sehr. Und dann wäre da noch ein Gemälde der Künstlerin Marie-Victoire Lemoine, einer der ersten Frauen, die schon im 18. Jahrhundert mit Kunst ihren Lebensunterhalt verdienen konnten. Es zeigt ihre Schwester mit deren kleiner Tochter. Die Umarmung der beiden Figuren ist so frei und voller Zutrauen, dass einem das Herz aufgeht.

Mit der Mitmachaktion „Mamaphone“ rufen Sie dazu auf, dass Menschen ihre persönlichen Erfahrungen und Geschichten mit dem Thema Mutterschaft teilen, um diese im Rahmen einer Rauminstallation zu präsentieren. Wieso ist es Ihnen wichtig, die individuellen Sichtweisen zu beleuchten?

Das Thema Mutterschaft ist von Grund auf persönlich und dieser Tatsache wollen wir auch in der Ausstellung gerecht werden. Wir fanden es wichtig, individuellen Erfahrungen und Meinungen Raum zu geben. Denn alle tragen ihre eigenen Themen in diese Schau hinein – seien es Erinnerungen an die eigene Kindheit oder Herausforderungen, denen man in der eigenen Ausführung der Mutterrolle begegnet. Wir wollten einen Kanal öffnen für Erzählungen von Zweifel wie auch von Glück, die das Muttersein begleiten.

Ausstellung Kunst Mama
Vielfältig: Auch der Sessel „La Mamma“ gehört mit zu den Exponaten.

Wie kommt die Umfrage bei den Menschen an? 

Wir haben im Rahmen der Umfrage gemerkt, dass der Redebedarf zum Thema groß ist. Viele Menschen schienen nur darauf gewartet zu haben, dass man ihnen endlich die Möglichkeit gibt, ihre Sichtweise zu schildern. Mich hat die Offenheit beeindruckt, mit der Menschen ihre Erfahrungen geteilt haben. Sowohl Konflikte, aber auch viel Dankbarkeit schwappen durch die Lautsprecher in den Ausstellungsraum. Und manchmal wird es auch richtig lustig.

Eine Frage aus der Umfrage lautet: „Was kann Mutterschaft in der Zukunft bedeuten?“ Wie würden Sie persönlich diese Frage beantworten?

Wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wäre es, dass Fürsorge künftig auf mehr Schultern verteilt wird. Und dass die Menschen, die sie leisten, dafür mehr Anerkennung erfahren, auch in materieller Hinsicht. Außerdem bin ich gespannt, wie medizinische und technologische Entwicklungen künftig Einfluss auf Konzepte von Mutterschaft nehmen. Wie lange zum Beispiel werden wir noch menschliche Körper brauchen, um Säuglinge heranwachsen zu lassen? Und wie werden Gesellschaften mit den neuen Möglichkeiten umgehen?

Was wünschen Sie sich, dass Besucher von dieser Ausstellung mitnehmen?

Die Ausstellung ermöglicht es Besucherinnen und Besuchern, eine Vielfalt an Sichtweisen auf das Thema Mutterschaft einzunehmen. So, wie man in der Kindererziehung sagt, dass alles nur eine Phase ist, offenbart die Schau, dass auch Mutterbilder sich immer wieder verändert haben. Vielleicht rückt diese Erkenntnis auch die vielfältigen Ansprüche, die in der Gegenwart auf Mütter einprasseln, ein wenig in Perspektive. Und natürlich wünsche ich mir, dass Menschen beim Gang durch die Ausstellung Spaß haben.

Linda Conze hat die Ausstellung „Mama – Von Maria bis Merkel“ mit Kolleginnen kuratiert (Foto: Anne Orthen)

Die Ausstellung ist noch bis 3. August 2025 im Kunstpalast Düsseldorf zu sehen. 

Bildquelle: Getty, Lars Heidrich, Anne Orthen, Kunstpalast Düsseldorf

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