Wie eine Schwangerschaft unser Gehirn verändert

SCHWANGERSCHAFT, Wissen

Uli Morant

Wie sehr eine Schwangerschaft den Körper verändert, wissen wir. Doch Forscher haben jetzt herausgefunden, dass die Mutterschaft auch im Gehirn nachweisliche Spuren hinterlässt.

Es ist eine komplette Verwandlung, die sich während der zehn Monate im Körper einer schwangeren Frau vollzieht. Vor allem die Hormonumstellung ist erheblich. Der Progesteronspiegel steigt zum Beispiel um das 10- bis 15-fache. Gleichzeitig wird der Organismus mit einer Menge von Östrogenen überflutet, die die gesamte Produktion während des restlichen Lebens der Frau deutlich übersteigt.

Nicht nur der Körper wandelt sich

Das hat unter anderem zur Folge, dass sich die Herzleistung erhöht, das Blutvolumen sich vergrößert und die Resorption von Nährstoffen im Darm und im gesamten Stoffwechsel sich verändert. Das alles ist längst dokumentiert worden. Doch jetzt haben Wissenschaftler an der Universität Barcelona herausgefunden, dass sich auch das Gehirn in der Schwangerschaft durch die Auswirkung der Hormone verändert.

Bei trächtigen Nagern war ein ähnliches Phänomen bereits vor einigen Jahren festgestellt worden. Allerdings hatte sich hier die Veränderung vor allem in Hirnregionen vollzogen, die für die räumliche Orientierung zuständig sind. Für Nager mit Nachwuchs ist eben von entscheidender Bedeutung, bei der Nahrungssuche die besten Voraussetzungen zu haben.

Beste Voraussetzungen für eine enge Mutter-Kind-Bindung

Die spanischen Forscher haben jetzt eine Gruppe von 25 Frauen mit Kinderwunsch untersucht. Bei ihnen wurde jeweils vor der Schwangerschaft und nach der Geburt des ersten Kindes eine Kernspintomographie durchgeführt. Dabei konnte in den Partien des Gehirns, das für die soziale kognitive Leistung zuständig ist, ein Rückgang des Volumens nachgewiesen werden.

Der Rückgang bedeutet jedoch laut Aussage der spanischen Wissenschaftler nicht, dass er mit einem Verlust von Hirnzellen einhergeht oder in irgendeiner Weise die Intelligenz beeinträchtigt. Vielmehr nehmen die Fachleute an, dass wahrscheinlich die Hormone eine Reorganisation der Nervenbindungen im Gehirn bewirkt haben. Dieses sogenannte „Pruning“ könnte die mütterliche Bindung an das Kind gefördert haben, so glauben sie. Genau diese Hirnzentren zeigten nämlich eine erhöhte Aktivität, wenn den Müttern Bilder ihrer eigenen Kinder gezeigt wurden.

Auf die Intelligenz der Mütter hat das keinen Einfluss

„Wir haben zwischen Müttern und Nicht-Müttern keine Unterschiede in der Gedächtnisleistung gefunden. Die Veränderungen betrafen eher die Fähigkeit, sich in andere hinein zu versetzen, ihre Gedanken zu verstehen. Das ist etwas, das Mütter ständig tun: Sie versuchen, die Bedürfnisse des Babys zu interpretieren, das ja noch nicht sprechen kann“, erklärte die Wissenschaftlerin Susanne Carmora der Universität Barcelona in einem Interview mit dem Deutschlandfunk.

Weitere Untersuchungen der Wissenschaftler aus Barcelona ergaben, dass die Veränderungen im Gehirn wenigstens zwei Jahre nach der Geburt des Kindes anhielten, also möglicherweise das Verhalten der Mutter in genau der Phase nachhaltig prägen, in der das Wohlergehen des Babys sehr von der Bindung an die Mutter abhängig ist.


Sind Schwangerschaftshormone dafür verantwortlich?

Die Auswirkungen der Schwangerschaft im Gehirn waren übrigens so ausgeprägt, dass eine Computersoftware anhand der Auswertungen der Kernspintomographie hundertprozentig feststellen konnte, ob eine Frau schwanger war oder nicht. Völlig egal dagegen war, ob die Frauen das Kind über künstliche Befruchtung oder auf natürlichem Weg bekommen hatten.  Wie verlässlich die Aussage ist, dass Schwangerschaftshormone für den „Umbau“ des Gehirns verantwortlich sind, wollen die Wissenschaftler an der Uni Barcelona in einem zweiten Schritt untersuchen. Dazu vergleichen sie Mütter, die ihre Kinder normal ausgetragen haben und Mütter, die Babys adoptiert haben.

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Bild: @unsplash

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