Alles auf Anfang? Tipps für den Wiedereinstieg nach der Elternzeit
Zurück in den Job nach der Elternzeit – das klappt nicht immer reibungslos. Der Wiedereinstieg bietet aber auch die Chance für einen Neuanfang. Katrin Wilkens hat sich mit ihrer Job-Profiling-Agentur I-do auf junge Mütter spezialisiert. Sie findet: Junge Mütter sind besonders organisiert, aber auch besonders benachteiligt in der Jobsuche. Darum bleibt es oft bei der klassischen Rollenverteilung in der Familie. Wir sprachen mit ihr über diese Situation nach der Elternzeit, und baten sie um Tipps.
„Die meisten Mütter möchten sich nach einiger Zeit Brutpflege am liebsten in eine Gartenfackel verwandeln. Eine helle, lodernde, die Wind und Wetter trotzt. „Ich möchte endlich wieder etwas tun, für das ich brenne“, ist der häufigste Satz, den wir bei Beratungen hören. Und meist ist schon dieser Fackelgedanke genauso überfordernd wie „Ich möchte mein Kind niemals anschreien.“ so Katrin Wilkens.
„Brennen kann man nur ganz und gar. Halbtags brennen, weil man danach zur Kita rasen muss, geht schwer. Aber zufrieden sein mit seinem Job, glücklich, froh, weil man etwas hat, dass einen finanziell, intellektuell und sozial nährt – das geht. Und wenn man ein paar Gedanken bei der Frage nach dem Wiedereinstieg beachtet, ist es sogar leichter als gedacht.“
Lass Dir Zeit.
Wie lange braucht ihr, bis ihr euch entschieden habt, ein Haus, ein Auto, eine Wohnzimmergarnitur zu kaufen? In Stunden gerechnet, inklusiver aller Vorüberlegungen, passiver Wartezeit, Diskussionszeit mit dem Partner? Eben! Große Veränderungen brauchen Vorlauf und so soll es auch bei einem beruflichen Wiedereinstieg sein. Frisst der Alltag Dich mit Läusealarm, Winterreifen wechseln und Hausaufgaben Kontrolle auf, zieh dich für drei Tage in ein Kloster zurück. Oder in ein Parkhaus. Und denke über nichts anderes nach, als den Wiedereinstieg. Warum arbeiten Werbeagenturen bis spät in die Nacht? Weil sie kein zu Hause haben? Nein, weil die besten Ideen erst dann kommen, wenn man lange genug brütet.
Sortiere Deine Wünsche.
Es ist wichtig, dass du alle Wünsche erst einmal notierst. Genauso wichtig ist es, sie zu sortieren. 15 Wochenstunden, festangestellt, 3000 Euro ist in etwa so, als stünde dein Sohn im Spielzeugladen und fordert „eine Wii, eine Kamera, ein Lego Star Wars und eine Spielzeug-Drohne“. Wie kriegt man den Alles-Woller ruhig? Indem man seine Wünsche nach Dringlichkeit und Wichtigkeit sortiert. Übersetzt für den Job heißt das: Ich brauche erst einmal ein solides Einkommen, die Weiterbildung zur Mediatorin kann warten, bis ich im Beruf wieder Fuß gefasst habe…
Sei ehrlich zu Dir selbst. Und streng zu Deiner Sprache.
Und zwar noch strenger als Fräulein Rottenmeier zu Heidi. Es sagt sich schnell „ich möchte kreativ arbeiten“, aber meinst du das auch wirklich so? Willst du kreativ arbeiten – und dich an dieser Arbeit, die immer auch ein Stück Deiner Identität sein wird, bewerten lassen? Willst du den permanenten Umgang mit Kritik, denn für Kreativität gibt es nicht die Kategorie „richtig – falsch“, sondern nur „gefällt – gefällt nicht.“ Überprüfe jeden formulierten Wunsch nach Präzision. Erlebst du gerne Wellness (Wer nicht?) oder willst Du anderen Wellness bereiten? – Das ist wie bei „Gasthof“ und „Gustav“ ein kleiner, aber entscheidender Unterschied.
Nicht jedes Hobby lässt sich gewinnbringend in einem Beruf verwandeln!
Klar, lesen ist toll. Aber einer unentschlossenen Kundin einen Krimi zu empfehlen, die ihn vermutlich eh nicht kaufen wird, kann sehr anstrengend sein. („Haben Sie nicht noch mehr so etwas wie Donna Leon? Nein? Na, dann guck ich noch mal. Vielen Dank.“) Was vom Prinzip richtig ist – zu gucken, was man gern macht, weil das auch meistens das ist, was man gut macht – funktioniert nur, wenn es dafür auch einen Markt gibt. „Mach einfach das, was dir Spaß macht und dann wirst du auch erfolgreich“, ist ein Glückskeks-Spruch. Schon Aristoteles wusste es: „Wo deine Talente und die Bedürfnisse der Welt sich kreuzen, dort liegt deine Berufung.“ Also geht es bei dem Suchen nach dem richtigen Job auch um die Frage: wie viel Realität, wie viel Traumtänzerei kann / muss / darf ich mir leisten? Aber du kannst dich trösten: jedes Hobby, das sich nicht zu einem Beruf umwandeln lässt, darf dein Hobby bleiben und wird deshalb nicht entweiht. Man hat also eine Tätigkeit, die einem zu seinem Job einen Ausgleich bietet. Nicht zu unterschätzen!
Man muss das ganz große Rad drehen, wenn man etwas verändern will? Nö!
Vielleicht reicht es einem schon, die Größe des Unternehmens zu variieren? Vielleicht magst du die Bienenstock-Atmosphäre eines Konzerns und bist von dem klebrig engen Klima des Familienbetriebes genervt? (Oder umgekehrt.) Vielleicht braucht es nur eine kleine Weiterbildung, um das Controlling sozialer, menschelnder, kommunikativer zu machen und du wechselst mittelfristig in die Interne Revision? Es ist mit Familie schlicht nicht immer die Zeit, um einen Beruf komplett neu zu finden, sondern die ehrliche Frage zu sich selbst: wie willig bin ich, mich noch weiterzubilden?
Selbstständigkeit = selbst + ständig.
Solltest Du dich mit dem Gedanken der Selbstständigkeit anfreunden, gehören viele Aspekte dazu, über die man im ersten Moment nicht nachdenkt: Vertrieb, Akquise, Marketing. Magst du es, Werbung über dich oder dein Produkt machen? Oder brauchst du dazu einen Mitstreiter, der dich darin unterstützt? Hast du dich mit den modernen Medien genügend auseinandergesetzt, dass du weisst, ob du eine SEO optimierte Website willst? Oder ob du Facebook als Vetriebspartner einsetzen möchtest? Du musst auf solche Fragen jetzt keine Antwort haben, aber bereit sein, dich damit auseinander setzen zu wollen.
Viele möchten gern Leute im Team haben, die genauso denken wie sie selbst.
Falsch! Such dir Leute, die anders denken, die Nischen besetzen, die du nicht beherrschst, die dich wachrütteln, aufregen, weiter bringen. Mit der besten Freundin kann man zusammen gut Kaffee trinken und einer Meinung sein. Mit Kollegen im Team muss es eher wie mit bunten Vogelfedern zugehen: viele Farben ergeben ein Kleid. Also suche dir am Anfang ganz bewusst Mitstreiter, die zwar deine Rahmenbedingungen akzeptieren (In den großen Ferien machen wir immer frei, der eine springt für den anderen ein, der Gewinn wird genau geteilt…), aber im Denken anders sind als du. Denn du brauchst keinen Doppel-Sager, sondern einen Ergänzer.
Und wenn du alle Punkte berücksichtigt hast, freue dich darüber, dass du keine Fackel bist, die lodert oder schnell verbrennt. Es ist im Job ein bisschen wie mit den Teelichtern von Ikea: die haben auch immer die längste Brenndauer. Aber an denen kommt keiner vorbei.
Über die Agentur: Herauszufinden, wo deine (beruflichen) Stärken oder Schwächen liegen, und dir am Ende konkrete Vorschläge für deine Perspektiven und Möglichkeiten zu machen – das ist das Ziel von I Do Hamburg. Das Team bietet ein kostenloses Vorgespräch an. Danach könnt ihr entweder einen persönlichen Termin zur intensiven Analyse machen oder Gruppenseminare buchen. Und ja – auch Väter können sich dort beraten lassen!
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