Sorgearbeit: Frauen arbeiten 30 Stunden pro Woche unbezahlt
Der Gender Care Gap ist Fakt. Laut Statistik leisten Frauen immer noch den größten Anteil unbezahlter Arbeit im Haushalt. Vor allem Mütter sind gefordert: Sie kommen sogar auf 40 Stunden pro Woche.
Eine Stunde und 17 Minuten Zeit investieren Frauen täglich mehr unbezahlte Arbeit im häuslichen Umfeld als Männer. Das zeigt die sogenannte „Zeitverwendungserhebung 2022“ des Statistischen Bundesamtes, die kürzlich vorgestellt wurde.
Für die Statistik ließ man an drei vorgegebenen Tagen in ca. 10.000 Haushalten ungefähr 20.000 Menschen ab zehn Jahren ganz detailliert aufschreiben, womit sie ihre Zeit verbringen. Dazu gehörte Mediennutzung genauso wie Kochen, Einkaufen, Hausaufgabenbetreuung, Kinder zu Bett bringen oder ein Buch lesen. Dabei kam vor allem heraus, dass der Gender Care Gap immer noch sehr zum Nachteil der Frauen ausfällt.
Lag er im Jahr 2013 bei 52,4 % so liegt er im Jahr 2022 bei 43,5 Prozent. „Die Lücke zwischen Frauen und Männern bei der unbezahlten Arbeit wurde im Zeitvergleich kleiner, sie ist aber nach wie vor beträchtlich“, erklärte Ruth Brand, Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, bei der Präsentation der Studie. Sie erläuterte auch, dass sich die Zeit, die Frauen wöchentlich mit unbezahlter Arbeit verbringen im Zehnjahresvergleich sogar um ganze 20 Minuten erhöht habe.
Mütter arbeiten sogar 40 Stunden pro Woche unbezahlt
Doch die Erhebung zeigt auch positive Entwicklungen. So investieren Männer insgesamt mehr Zeit als noch vor zehn Jahren in unbezahlte Arbeit im häuslichen Bereich. Doch im Gesamten betrachtet, beteiligen sie sich im Haushalt und bei der Betreuung der Kinder immer noch viel weniger als Frauen. Allein für Kochen, Putzen, Wäschewaschen wenden Frauen pro Tag in etwa zwei Stunden auf, Männer höchstens die Hälfte. Auch mit den Kindern verbringen Frauen doppelt so viel Zeit wie Männer. Weniger groß ist die Lücke bei Themen wie Einkaufen oder Organisation. Damit verbringen Frauen im Schnitt fünf Stunden pro Woche, Männer immerhin vier. Insgesamt jedoch arbeiten Mütter im Schnitt 40 Stunden und mehr unbezahlt.
Im Umkehrschluss heißt das, dass nach wie vor klassische Rollenmuster in deutschen Beziehungen dominieren: der Mann geht arbeiten, die Frau bleibt zuhause und kümmert sich um Haushalt und Kinder. Dabei wünscht sich laut Erhebung jede vierte Mutter mehr Zeit für ihren Beruf. Und jeder vierte Vater gibt an, dass er lieber mehr Zeit für die Familie hätte, die er im Moment mit Erwerbsarbeit verbringt.
Eltern arbeiten insgesamt 11 Stunden mehr pro Woche
Mit Kindern im Haus sind Erwachsene generell mehr gefordert. So arbeiten in Haushalten mit Kindern die Elternteile im Schnitt 57 Stunden pro Woche. Väter und Mütter leisten damit etwa 11 Stunden mehr Arbeit als Erwachsene, die in einem Haushalt ohne Kinder leben.
Auch bei der Erwerbsarbeit von Müttern und kinderlosen Frauen gibt es Unterschiede. So arbeiten Mütter von Kindern unter 6 Jahren etwa 9,5 Stunden weniger pro Woche in ihrem Job als Frauen ohne Kinder. Mütter mit Kindern im Alter von 6 bis 17 Jahren sind dagegen nur eine Stunde weniger erwerbstätig als Frauen ohne Kinder.
Insgesamt verbringen Mütter mit Kindern unter 18 Jahren laut Erhebung im Durchschnitt 17,5 Stunden pro Woche mit bezahlter Arbeit. Männer mit minderjährigen Kindern im Haushalt arbeiten dagegen rund 32 Stunden pro Woche. Damit leisten Väter 4,5 Stunden mehr Erwerbsarbeit als 18-64-jährige Männer ohne Kinder.
Equal Care Day – einmal im Jahr daran erinnern reicht nicht
Statistisch gesehen wirken sich die geringen Erwerbszeiten von Frauen natürlich negativ auf ihre späteren Rentenzahlungen aus. Auch die schon viel zu lange andauernde Kitakrise trägt mit dazu bei, dass viele Frauen nicht so viel Zeit im Job verbringen können, wie sie gerne möchten. So liegt der Anteil der Frauen in der sogenannten „stillen Reserve“ bei 57% (laut Stat. Bundesamt im September 2023). Gut ein Drittel dieser Menschen würde zwar gern arbeiten, steht dem Arbeitsmarkt aber aufgrund von Betreuungspflichten nicht zur Verfügung.
Verschiedene DAX- und MDAX-Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Unikliniken warnten kürzlich vor den negativen Folgen der Kitakrise auf den Wirtschaftsstandort Deutschland. Laut Berechnungen der Bertelsmann Stiftung fehlen bundesweit insgesamt 400.000 Betreuungsplätze. Zudem klagen immer mehr Kita-Betreiber, dass ihnen zu wenig Personal zur Verfügung steht um eine gute Betreuung der Kinder zu gewährleisten.
Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger sieht hier den Staat in der Pflicht: „Seit mehr als zehn Jahren gibt es einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab einem Jahr. Bislang war der Bedarf zu keinem Zeitpunkt gedeckt“, erklärte er gegenüber „Zeit online“. Und weiter: „Wir können uns ein solches Versagen des Systems auch ökonomisch nicht länger leisten.“
Bilder: Gettyimages