Stillen: 9 wichtige Fakten über die natürlichste Sache der Welt
Muttermilch ist die beste Nahrung für Babys. Hier sind 9 wichtige Fakten und Erkenntnisse rund ums Stillen.
Noch in den 1960er und 1970er Jahren war Stillen verpönt und gekaufte Babynahrung galt als sauber, sicher und nahrhaft. Inzwischen besteht kein Zweifel mehr daran, dass Muttermilch die beste erste Nahrung für Babys ist. Hier sind ein paar wichtige Fakten und Erkenntnisse rund ums Stillen.
Fakt 1: Jede Frau kann stillen
Tatsächlich können aus rein medizinischer Sicht 95 Prozent der Frauen ihr Baby stillen. Allerdings ist es ein Irrglaube, dass Frauen instinktiv wissen, wie man stillt. Es gibt zwar Naturtalente, die einfach loslegen und es klappt alles wunderbar. Allen anderen Frauen aber ist sehr geholfen, wenn eine Stillberaterin ihnen wertvolle Tipps gibt zum richtigen Anlegen, wie oft man das Baby stillen soll und was man sonst dabei beachten sollte. Dieses Wissen wurde übrigens früher schon von Hebammen an die Neumütter oder von den Großmüttern an die Mütter weiter gegeben.
Selbst mit einer kompetenten Stillberatung kann es in den ersten Wochen noch zu Stillproblemen kommen, die sich aber meist lösen lassen. Ärzte raten nur vom Stillen ab, wenn die Mutter zum Beispiel aufgrund einer chronischen Erkrankung Medikamente einnehmen muss deren Wirkstoffe über die Muttermilch auf das Baby übertragen werden können. Dies sind allerdings sehr wenige und eher seltene Erkrankungen.
In den ersten Stunden nach der Geburt ist der Saugreflex der Babys übrigens am größten. Das merkst du daran, dass sie lustige Saugbewegungen mit dem Mund machen und mit den kleinen Ärmchen rudern, um an die Brust zu gelangen. Wenn du vielleicht einen Kaiserschnitt hattest und durch eine Narkose oder andere Gründe diesen Moment verpasst hast, musst du dir keine Sorgen machen. Auch dann kann das Stillen noch ohne Probleme funktionieren.
Fakt 2: Die Brustgröße hat nichts mit der Milchmenge zu tun
Frauen mit kleinem Busen können nicht stillen? Das ist ein Ammenmärchen. Die Größe der Brust hat nichts damit zu tun, wie viel Milch sie produzieren kann. Die Anzahl der Brustdrüsen ist in jeder Brust in etwa gleich. Unterschiedlich ist lediglich der Fettgewebegehalt, der für die Brustgröße verantworlich ist. Die Menge an Milch richtet sich ganz individuell nach dem Appetit des Babys. Auch die Zusammensetzung der Milch wird automatisch den Bedürfnissen des Babys angepasst.
Wenn du das Gefühl hast zu wenig Milch zu produzieren hilft es, dein Baby häufiger anzulegen. Schon nach zwei bis drei Tagen wird sich die Milchmenge dann auf den gesteigerten Appetit des Kleinen eingestellt haben.
Fakt 3: Gestillte Babys werden seltener krank
Muttermilch enthält das Immunglobulin A (IgA). Vor allem im Kolostrum (der Vormilch) ist der Anteil an diesem Immunglobulin sehr hoch. Er fällt danach zwar etwas ab, aber während der gesamten Stillzeit profitiert das Baby von diesem wichtigen Immunschutz. Wissenschaftler haben sogar herausgefunden, dass über die Muttermilch Antikörper an erkrankte Babys übertragen werden.
Forscher haben inzwischen auch festgestellt, dass Muttermilch entscheidend dazu beiträgt wie gesund und gut die Darmflora bei Babys ist. Gestillte Babys hatten unter anderem mehr von den Bifido-Bakterien im Darm, die die Verdauung maßgeblich positiv beeinflussen. Gestillte Kinder sollen außerdem weniger häufig an Allergien oder Asthma erkranken.
Fakt 4: Stillen hilft gegen Übergewicht
Tatsächlich haben Studien erwiesen, dass wer mindestens sechs Monate gestillt wurde, als Erwachsener seltener an Übergewicht leidet. Auch die Gefahr an der Stoffwechselkrankheit Diabetes mellitus (Typ 1) zu erkranken sinkt um etwa 45 Prozent, wenn das Baby ein halbes Jahr nur Muttermilch bekommt. Auch auf den Cholesterinspiegel und den Blutdruck soll Stillen einen – wenn auch kleinen – positiven Effekt haben.
Fakt 5: Die optimale Stillzeit beträgt sechs Monate
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat über 3.000 Studien zum Thema Stillen ausgewertet zur Frage, wie lange Mütter ausschließlich stillen sollen. Das Ergebnis: Sechs Monate ausschließliches Stillen ist für Mama und Baby aus verschiedenen gesundheitlichen Gründen der optimale Zeitraum. Danach kann man mit der Einführung der Beikost beginnen und in der Übergangsphase nach Bedarf stillen, damit das Baby weiterhin alle wichtigen Nährstoffe erhält. Mindestens 2 Jahre nach Bedarf zu stillen ist übrigens die neueste Empfehlung der WHO.
Die Realität sieht gerade in Deutschland häufig anders aus. Laut der Nationalen Stillkommission beginnen 90 Prozent der Frauen nach der Geburt ihres Kindes mit dem Stillen. Bereits nach zwei Monaten werden aber nur noch 70 Prozent der Kinder gestillt. Nach sechs Monaten sind es nur noch 40 bis 50 Prozent.
Fakt 6: Jede Frau hat genügend Milch
Stillen ist eine ganz natürliche Wechselbeziehung zwischen Mutter und Baby. Je öfter der Säugling angelegt wird, desto mehr Prolaktin (regt die Milchbildung an) und Oxytoncin (löst den Milchspendereflex aus) werden im Körper der Mutter produziert.
Gerade in den ersten Monaten nach der Geburt machen Kinder Entwicklungssprünge durch, was ihren Appetit kurzfristig ansteigen lassen kann. Bei vielen jungen Müttern führt dies zu der Sorge, sie könnten ihrem Baby nicht genug Milch anbieten. Doch allein durch häufigeres Anlegen steigert sich die Milchmenge auch kurzfristig innerhalb weniger Tage und stellt sich auf den Appetit des Babys ein.
Fakt 7: Die Muttermilch wird individuell aufs Baby abgestimmt
Die Liste der Inhaltsstoffe, die in der Muttermilch sind, ist sehr lang und längst sind noch nicht alle davon bis zu Gänze erforscht. Die bedeutendsten Zutaten der Muttermilch aber sind Mineralstoffe, Vitamine, Fett und Aminosäuren. Nukleotide liefern den Grundbaustein für die DNA, Kohlenhydrate spenden dem Baby die nötige Energie. Außerdem enthält Muttermilch Wachstumsfaktoren, die die Reifung der Darmschleimhaut zusätzlich unterstützen und antimikrobielle Stoffe, die das Immunsystem dazu nutzt, Fremdstoffe zu identifizieren und anschließend zu neutralisieren.
Die Zusammensetzung der Muttermilch ändert sich im Laufe der Stillzeit. Am ersten Stilltag produzieren die Milchdrüsen das sogenannte Kolostrum, die sehr nährstoffreiche Erstmilch. Ab dem vierten Tag spricht man von der sogenannten Übergangsmilch. Erst am zehnten Tag produzieren die Milchdrüsen die reife Muttermilch. Die Zusammensetzung der Milch wird permanent geändert und richtet sich nach dem Wachstum und den Bedürfnissen des Kindes. Wie genau dieses Zusammenspiel funktioniert und was es tatsächlich alles beinhaltet, ist noch nicht genau bekannt. Forscher sind gerade dabei, diesem Geheimnis auf die Spur zu kommen.
Fakt 8: Jede stillende Mutter produziert circa einen Liter Milch pro Tag
Die Milchmenge variiert ganz nach den Ansprüchen des Kindes. Doch in der Regel kann man davon ausgehen, dass eine stillende Mutter ungefähr einen Liter Milch pro Tag für ihr Baby „produziert“. Pro Mahlzeit trinkt das Kleine 200 bis 250 Milliliter. Eine stillende Mutter braucht in ihrem täglichen Grundumsatz etwa 500 Kalorien zusätzlich. Außerdem wichtig ist, dass sie viel trinkt.
Übrigens ist es ein reines Ammenmärchen, dass die Muttermilch bei zu viel Bewegung sauer werden könnte. Auch stillende Frauen können ganz normal Sport treiben, ohne dass das einen negativen Einfluss auf die Qualität oder den Geschmack der Muttermilch hat.
Fakt 9: Stillen spart Ressourcen
Ungefähr 75 Euro sparen junge Familien pro Monat, wenn das Baby gestillt wird. Hochgerechnet auf eine sechsmonatige Stillzeit, bleibt da schon etwas übrig in der Haushaltskasse. Zudem wird Muttermilch immer in der genau richtigen Temperatur und Konsistenz „angeliefert“. Für die Nachhaltigkeit sprechen außerdem, dass keinerlei Verpackungsabfälle oder Produktionsabfälle anfallen.
Stillprobleme? Tipps und Lösungen kannst du hier nachlesen.
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