Interview mit Mamikreisel Gründerin Günes Seyfarth
Mutter dreier Söhne, Buchautorin sowie Gründerin zahlreicher StartUps (Mamikreisel, 247runway) , Kitas und Initiativen (Foodsharing München e.V.) – Günes Seyfarth ist eine echte Powerfrau! Wie ihr der Ausgleich zwischen Berufs- und Privatleben gelingt, wie sich die Selbstständigkeit nach jedem weiteren Kind veränderte und welches Konzept sich hinter ihrem neuesten Projekt „Die MacGyvers“ verbirgt, erklärt uns die sympathische Wahlmünchnerin in einem netten Gespräch …
Liebe Günes, wie kam es zu der Gründung von Mamikreisel? Und wie verlief das Familienleben parallel zum Unternehmensaufbau?
Mit Kleiderkreisel zusammen kam die Idee etwas ähnliches für Mamas zu machen. Kurzerhand startete ich das Experiment, was sehr gut von den Mamas angenommen wurde. Meine Kinder waren noch sehr klein damals. Das Dritte bekam ich erst während Mamikreisel. Ich hatte sie immer dabei und habe etliche Meetings gehabt mit ihnen im Arm oder stillend. Auch traf ich mich mit Redakteuren, Mitgliedern und Mitarbeitern oft auf einen Spaziergang, wenn dann die Kids im Kinderwagen schliefen und ich mich auf die Gespräche konzentrieren konnte. Wenn ich entspannt war, waren es die Kinder auch. Also musste ich Situationen schaffen, die keinen Konflikt zwischen meinen Rollen als Mama und als beruflich Aktive schafften. So verlief das ganz gut. Ich erinnere mich noch gut an einen Tag in Berlin, an dem ich im Bundestag bei den Grünen zu nachhaltigem Einkaufen sprach. Ich hatte vor, dass ich da alleine hingehe, um einerseits keinem Klischee zu entsprechen a la „Mompreneur kommt immer mit Kind“ und mich andererseits völlig auf die Aufgabe konzentrieren zu können. Doch mein Kleinster war an dem Tag sehr anhänglich und der Mittlere krank. So, dass mein Mann und ich entschieden, dass ich den Kleinen mitnehme. Da saß ich nun mit meinem Baby auf dem Arm auf dem Podium und sprach 90 Minuten zum Thema. Mein Baby wusste wohl, dass seine Mama sich auf die Aufgabe konzentrieren musste und schlief die 90 Minuten durch. Oft macht man Pläne. Manchmal kommt dann doch das Leben dazwischen.
Wie hat sich deine Selbstständigkeit nach jedem weiteren Kind verändert?
Generell kann ich sagen, dass ich mit jedem Kind souveräner wurde. Wer neues Leben hervorbringt, den schockt nichts mehr so schnell. Gleichzeitig begann ich mich mehr und mehr darüber zu ärgern, wie unternehmerunfreundlich Deutschland ist. Mit all den bürokratischen Pflichten und Regeln, die es zu beachten gilt, verdient man einen Teil seines Umsatzes für einen Steuerberater und Anwalt und steckt einen Teil seiner Zeit in die Erledigung von organisatorischem. Da wundert es einen, dass man überhaupt noch vorankommt. Speziell als Mama wurde ich mit jedem Kind noch geplanter, weil es der Alltag brauchte. Neben Stilldemenz, die gerne auch mal nach der Stillzeit anhielt, muss ich als Mama immer für Unvorhergesehenes gewappnet sein. Wenn ich dann noch ein funktionierendes Business haben will, muss ich mich in den Zeiten, in denen es möglich ist, stark auf die Kernaufgaben fokussieren. Das Schöne an so einer Herausforderung ist, dass ich jeden Tag wieder dazulerne, besser zu werden. Denn am Ende ist man auch nur ein Mensch mit dem Bedürfnis nach kreativen Momenten, interessanten Geschichten und Schlaf.
Welches Konzept verbirgt sich hinter „Die MacGyvers“? Welche Rolle trägst du im Unternehmen?
Für manche mag mein Agentur-Angebot wie ein Bauchladen wirken. Für mich ist es die logische Folge meiner eigenen Erfahrungen und Expertisen. Ich selbst habe Kitas (Karl & Liesl e.V.), StartUps (Mamikreisel, 247runway) und Initiativen (Foodsharing München e.V.) gegründet und mitentwickelt (Eine Schule Für Alle e.V.).
Der Grundgedanke hinter Die MacGyvers ist, dass ich Vielfalt mag. Ich mag es, dass Menschen anders sind als ich. Das fordert mich heraus und entwickelt mich weiter. Und ich mag Abwechslung, z.B. in unseren Städten. Kleine Läden, die einen mit ihrem Konzept inspirieren und überraschen. Doch unsere Städte sehen immer „gleicher“ aus. Kleinere Läden verschwinden zunehmend oder wandern ins Online ab.
Daher unterstütze ich mit meiner Agentur StartUps in den Bereichen Geschäftsorganisation, Geschäftsstrategieentwicklung, Marketing und Vertrieb off- und online. Ich will Ideen dabei unterstützen, größer zu werden und wieder Vielfalt zu schaffen und setze pragmatisch da an, wo sie Unterstützung brauchen. So wie ich es in meinen Unternehmungen auch machte und noch mache. Das spart Energie und bringt Resultate hervor. Speziell für diejenigen, die noch am Anfang mit ihrer Idee stehen habe ich die „KickAss-Beratung“. Hier spielen wir die Idee einmal durch und bauen einen ersten Weg Richtung Erfolg. So kann die Person bewerten, ob sie den Weg gehen will oder nicht und bekommt schon erste Adressen und Konzepte mit auf den Weg. Die Portion Schaffenslust gibt es gratis dazu. In meinem Studium hab ich in der allerersten Stunde wohl das Wichtigste gelernt: Am Ende des Tages machen immer zwei Menschen ein Geschäft. Daher ist meine Rolle als Geschäftsführung sehr zentral. Ich will mit meiner Agentur neue Wege gehen und auch neue Arbeitsmodelle für meine Mitarbeiter ermöglichen. Das erfordert starkes Engagement.
Sind noch weitere Projekte in Planung?
Ja, das sind sie. Sowohl ein paar Projekte mit Multiplikatoren aus dem pädagogischen Bereich als auch ein Projekt, das Schüler ermutigen soll StartUps zu gründen. Dazu zu einem späteren Zeitpunkt mehr.
Welchen Tipp würdest du Müttern mit auf den Weg geben, die überlegen, sich selbstständig zu machen?
Schaffe dir ein Umfeld, dass dich unterstützt. Nicht nur im privaten, sondern suche dir die Menschen, die dich auch fachlich unterstützen können. Entweder für kurze Zeit, um an einem Punkt weiterzukommen oder als Partner*in. Die größte Gefahr ist immer, seine Idee zu lange in seinem eigenen Kopf zu halten. Denn dann hat man nur eine Sicht auf die Dinge. Man muss die Sorge ablegen, dass jemand die Idee nicht gut findet. Denn die wenigsten Ideen bleiben so wie am Anfang. Durch Interaktion mit anderen verändert sich diese automatisch und wird so validiert. Und glaub an dich. Das Leben als Mama und Unternehmerin ist wenig glamourös, doch sehr erfüllend, wenn man einen Schritt nach dem anderen geht – egal wie klein die Schritte sind. Und kümmere dich um dich selbst. Denn du bist der wichtigste Asset in deinem Leben.
Was wünscht du dir als selbstständige Mutter vom Staat oder der Gesellschaft?
Das ist eine Frage, die mich sehr beschäftigt und die komplex ist. Denn gerade hat man das Gefühl, es brennt an vielen Stellen in Deutschland.
Als Mama wünsche ich mir gesellschaftliche und finanzielle Anerkennung für Eltern für die Zeit, in der sie sich um ihre Kinder kümmern. Es sollte im Interesse des Staates liegen, dass Eltern sich ausreichend um ihre Kinder kümmern können plus sich als Familie auch gut versorgen können. Alles, was ich in dieser Zeit nicht leisten kann, kommt wie ein Boomerang zurück – auch auf den Staat. Als Unternehmerin wünsche ich mir weniger Bürokratie und ein Steuersystem, was so ausgerichtet ist, dass Unternehmer auch verdienen, was sie leisten. Deutschland ist ein typisches Arbeitnehmerland. Das wird durch Gesetze und den Regeldschungel für Unternehmer auch gefördert. Als Mensch wünsche ich mir, dass der Mensch vor den Interessen der Wirtschaftsunternehmen steht und dass ich spüre, dass Politik für und mit uns gemacht wird. Als Engagierte wünsche ich mir, dass der Staat alles tut, damit wir miteinander leben wollen und können. Ich lerne durch meine Engagements immer auch Menschen kennen, die ich in meinem beruflichen Umfeld nicht treffen würde. Das öffnet meinen Geist enorm. Allerdings merke ich in Gesprächen mit Menschen auch, wie das Verständnis für die Lebenssituation anderer Menschen fehlt, wenn man sich in der Gesellschaft nicht trifft. Auch hier geht es um Vielfalt. Die Selektion in unseren Schulen nach der 4. oder 6. Klasse trägt nicht dazu bei diese Sozialisierungen aufzubrechen. Da wünsche ich mir auch eine nachhaltigere Politik, die nicht nur auf Ergebnisse in den Regierungsperioden abzielt, sondern das Große im Blick hat.
Wie schaffst du es, den Fokus zu behalten?
Ich liebe meine ToDo-Listen, die ich im besten Fall abends für den nächsten Tag mache. Damit lege ich die Sorge ab, etwas zu vergessen und kann beruhigt schlafen. Und durch das Schreiben behalte ich im Kopf, was zu tun ist. Außerdem kann ich so nochmal priorisieren, was dringend ist und was warten kann.
Wie hältst Du die Balance zwischen Privat- und Berufsleben?
Für mich hat Balance was mit Vertrauen zu tun. Es geht nicht darum, dass ich mich immer im Gleichgewicht fühlen muss, sondern, dass ich immer wieder dahin zurückfinde. Es ist wie im Meer. Wenn man schwimmt und eine Welle einen erwischt ist das ok, wenn man dann immer wieder dazu kommt, Luft zu schnappen und zu Kräften zu kommen. Und da ich die Wellen entspannt nehme – zumindest versuche ich es – fühle ich mich im Flow. Das ist meine Balance – der Wechsel zwischen Spannung, Entspannung und Abenteuer.
Wie sieht ein typischer Morgen bei Familie Seyfarth aus?
Ich mache oft die Morgenschicht, weil ich eher der Frühaufsteher bin. Ich nehme mir meine 5 Minuten Badezeit und kümmere mich dann um die Kinder und die Schul- oder Kita-Unterlagen und Vorbereitungen, die es manchmal braucht. Oft unterstützt mein Mann auch beim Fertigmachen. Dann fahr ich meine Söhne in die Schule und in die Kita. Um 8.15 Uhr bin ich dann meist zuhause und atme erstmal durch. Nach 10-15 Minuten nichts tun und Gedanken sortieren starte ich in den Tag mit meinen ToDos.
Schaffst du es, ab und zu auch nur etwas für sich zu machen?
Ja. Das sind derzeit eher noch kleinere Auszeiten, wie mal einen Kaffee alleine im Cafe zu trinken, einen Spaziergang zu machen oder einen Film auch tagsüber zu Ende zu sehen, wenn ich abends mal wieder eingeschlafen bin. Mein Mann und ich sind enthusiastische Cineasten – seit den Kindern eher im Heimkino. Mit dem Alter der Kinder wachsen auch die Zeitspannen für mich. Im Juli werde ich ein Wochenende unterwegs sein. Nur ich, eine Freundin, Sting und die Alpen. Darauf freue ich mich schon sehr.