Wunschliste fürs Kleinkind schreiben – Okay oder No-Go?

Wunschliste fürs Kleinkind schreiben – Okay oder No-Go?

An Geburtstagen und an Weihnachten werden Kinder häufig mit Geschenken überschüttet. Großeltern und andere Verwandte sind gerne großzügig, doch nicht immer ist das im Sinne der Eltern. Darf man für sein kleines Kind zum Geburtstag oder Weihnachten eine Wunschliste an Freunde und Verwandte verteilen? Unsere Autorin sagt ganz klar: ja!

Text: Ragnhild Drescher

Der zweite Geburtstag meiner Tochter steht an und ich stehe vor einem Dilemma. Die große Geschenkefrage beschäftigt mich seit einiger Zeit und ich frage mich, ob es in Ordnung ist, Omas, Opas, Paten und Verwandten, die gerne etwas schenken wollen, einen Wunschzettel in die Hand zu drücken. Der Clou dabei: Den habe natürlich ich geschrieben und nicht meine Tochter. Die versteht noch nicht mal ganz das Konzept von Geburtstag feiern, würde ich jetzt mal steif und fest behaupten. Natürlich ist es etwas Besonderes, morgens mit einem Ständchen aufzuwachen, eine Krone auf den Kopf gesetzt zu bekommen und zum Frühstück Kuchen zu essen. Aber ob es zum Kindergeburtstagsglück nun drei oder 30 Geschenke braucht, kann wahrscheinlich niemand beantworten. Und dann ist da ja auch noch die Frage nach der Art der Geschenks. Ich stehe an der Holzspielzeugfront und plädiere für den Leitsatz „weniger ist mehr“. Ich merke, dass meine Tochter viel weniger eigenständig spielt, wenn sie in ihrem Kinderzimmer den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sieht, als wenn zum Beispiel ihre Kinderküche (auch die hätte man sich zu Weihnachten noch sparen können, ich gebe es zu!) hübsch arrangiert und aufgeräumt ist und sie an alles drankommt. Ein bunt zusammengewürfelter Spielkorb, in den ich abends alles zusammenschmeiße, was eben gerade noch auf dem Boden rumliegt, wird von ihr verständlicherweise ignoriert.

 

 

Soll man Verwandten vorgeben, was sie dem Kind schenken sollen? Foto: Getty

Der Minimalismus im Kinderzimmer wird noch früh genug zerstört – von den eigenen Kindern

Kinder schreiben irgendwann ihre eigenen Wunschzettel, das weiß ich. Und dass mir nicht alles gefallen wird, was dann da drauf steht, weiß ich auch. Aber das ist in Ordnung, weil dann alle fragen werden: „Was wünscht sie sich denn?“ und ich kann schön ausgewählt jedem ein Geschenk von ihrer Wunschliste zuteilen.
Wenn man aber nun dieses Wunschzettelschreiben für seine kleinen Kinder übernimmt, sind Verwandte oft brüskiert. Schließlich wollte die Oma doch so gerne dieses blinkende, laute, quietschbunte Gefährt verschenken, dabei wäre eine richtige Winterjacke oder ein neuer Autositz oder ein Laufrad gerade viel sinnvoller. Mit diesen Sachen kann man aber nicht so schön spielen, ist schon klar. Es scheint eine Art Wettbewerb unter Schenkenden zu geben, mit welchem Spielzeug das Kleinkind an seiner Geburtstagsfeier am liebsten spielt. Und Oma und Opa, die sowieso viel zu weit weg von ihrem Enkel wohnen, sind dann enttäuscht, weil die Winterjacke in die Ecke geschmissen wird und sich weiter dem Kuchen oder den anderen Kindern oder eben dem aufregenderen Spielzeug gewidmet wird.

Was schenkt man überhaupt einer Zweijährigen?

Ein zweiter Punkt ist, dass vielleicht nicht alle, die auf die Geburtstagsfeier kommen, schon mit Kindern in Berührung gekommen sind. Soll heißen, da wird einer Zweijährigen ein Fühlbuch geschenkt, das für Babys geeignet ist. Oder ein Experimentierkasten, der die nächsten Jahre erst mal im Keller verschwindet, weil das Kind noch viel zu jung für Experimente mit Kristallen ist. Auch Kleidung ist zumindest bei uns ein schwieriges Thema. Klar ist das Fünferpack Bodys praktisch, aber wer nur Wolle-Seide an sein Kind lässt, wird mit den Baumwolllappen von großen Bekleidungsketten auch nicht viel anfangen können (und wollen).
Hier kommt nun die Frage der Undankbarkeit ins Spiel. Denn ich gebe zu, mit Geschenken, die nicht in meine Ästhetik- und Umweltphilosophie passen, mache ich kurzen Prozess. Ein Glück gibt es Mamikreisel und Kinderflohmärkte. Aber das ist ungefähr die dekadenteste Art, mit Geschenken umzugehen und absolut verschwenderisch.

Eine Wunschliste vermeidet Unzufriedenheit

Diese Unannehmlichkeiten möchte ich mit Wunschlisten schreiben vermeiden. Ich möchte damit niemandem den Spaß am Schenken nehmen, aber die Eltern wissen einfach am besten, was momentan gut bei ihren kleinen Kindern ankommt. Ein Beispiel sind Kuscheltiere, die habe ich zahlreich noch aus meinen Kindertagen und auch zur Geburt meiner Tochter viel geschenkt bekommen. Bis heute interessiert sie sich nicht die Bohne für das süße Küken oder das Rehkitz oder das Nashorn zum Kuscheln. Seit zwei Jahren sind die Tiere Staubfänger im Kinderzimmer. Und das finde ich so schade. Da macht sich jemand Gedanken und gibt sich Mühe beim Geschenkekauf, und dann bleiben diese vollkommen unbespielt, weil das Kind gerade andere Interessen und Spielvorlieben hat. Auch das kann man mit Listenschreiben vermeiden. Bei meiner Tochter steht zum Beispiel gerade ihre erste Puppe ganz hoch im Kurs, die sie auf dem Flohmarkt entdeckt hat und seitdem nicht mehr aus der Hand gibt. Notgedrungen habe ich der Puppe ein Kleid genäht, um den türkis-pink versifften Puppenstrampler unauffällig verschwinden zu lassen. Am sinnvollsten wäre es also einfach, ein paar Puppenkleider zu schenken, vielleicht noch ein bisschen Zubehör wie Windeln und ein Fläschchen. Da auch bald ein Geschwisterchen zu uns stoßen wird, ist es eine wunderbare Idee, die Puppe so wie das neue Baby auszustatten, damit wir gemeinsam unsere „Babys“ versorgen können. Sie braucht nicht noch eine Murmelbahn (auch das momentan schwer angesagt), ein Bobbycar, sieben Bücher, ein Prinzessinenkleid und drei Puzzle. Viel lieber sind uns ausgesuchte Kleinigkeiten, die das freie Spiel anregen oder die vielleicht ein anderes Spiel ergänzen (die Puppe).

Sinnvolles Spielzeug im Kinderzimmer

Ich finde es gibt nichts Schöneres, als Kinderzimmer, in dem jedes Spielzeug, jedes Bild an der Wand irgendwie ausgesucht wirkt und mit Sinn gefüllt ist. Auch da bin ich mir bewusst, dass ich das nicht ewig so weiterführen können werde, weil der eigene kleine Kopf sich immer mehr durchsetzen wird. Auch auf diese Zeit freue ich mich, aber bis dahin möchte ich mir noch meine kleine, heile Welt ohne My little Pony, pinkem Glitzer und Spielteppichen bewahren.

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