Internationaler Frauentag: Warum wir nicht feiern, sondern kämpfen müssen

MUM, Medien, Menschen

Stefanie Staiger

In Berlin ist der Internationale Frauentag ein offizieller Feiertag. Wir finden das super und erklären euch, was es mit dem Frauentag auf sich hat, wo seine Ursprünge sind und warum wir ihn immer noch brauchen!

Am 8. März wird der internationale Frauentag gefeiert. Bereits seit über 100 Jahren an diesem Tag um Themen wie Gleichberechtigung, gerechte Bezahlung von Frauen, bessere Arbeitsbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Wahlrecht für Frauen und gegen sexuelle Gewalt und Übergriffe. In Berlin ist der 8. März seit 2019 auch offiziell ein Feiertag. Da er in diesem Jahr aber auf einen Sonntag fällt, wird er als „freier Tag“ wohl eher untergehen. Umso wichtiger ist es, auf die Bedeutung des internationalen Frauentags aufmerksam zu machen. Denn die Themen, für die Frauen kämpfen, sind so aktuell wie nie zuvor.

Internationaler Frauentag: Die Hintergründe

Frauen kämpfen für ihr Wahlrecht (Illustration: Insel/Suhrkamp; Jenny Jordahl)

 

Seit 1911 wird am Frauentag für die Gleichstellung von Frauen und Männern gekämpft. Am 19. März 1911 gingen Frauen in Deutschland, Österreich, Dänemark und der Schweiz im März auf die Straße und forderten ihre Rechte ein. Im Fokus stand damals das Frauenwahlrecht. Aber auch bessere Arbeitsbedingungen für Frauen, eine gerechte Bezahlung, Mutterschutz und Anspruch auf Bildung waren wichtige Themen. Die Sozialistin Clara Zetkin (1857 – 1933) hatte bereits auf der ersten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz 1907 das allgemeine Wahlrecht für Frauen gefordert. In Deutschland wurde das Frauenwahlrecht 1918 (ebenso wie in Österreich, Polen und Russland) im Reichswahlgesetz verankert. Im Januar 1919 – also vor 100 Jahren – konnten deutsche Frauen erstmals in der Geschichte frei wählen und gewählt werden. Eine große Errungenschaft und ein Meilenstein der Gleichberechtigung. Seit 1921 wird der Weltfrauentag alljährlich am 8. März gefeiert und hat ein festes Datum.

Frauentag: Von den Nazis verboten, in der DDR zelebriert

Seit 1921 wird der Frauentag am 8. März gefeiert (Foto: Pixabay)

Die Nationalsozialisten verboten den Frauentag in Deutschland 1932. Sie erklärten stattdessen 1933 den Muttertag im Mai zum offiziellen Feiertag. Frauen sollten nach der NS-Ideologie vor allem Kinder gebären, sich um den Haushalt kümmern und ihrer „natürlichen Rolle“ als Hausfrau und Mutter gerecht werden. 1938 wurde von den Nationalsozialisten das Mutterkreuz eingeführt, das kinderreichen Frauen verliehen wurde. Sie verdienten nach Hitlers Ansicht eine besondere Auszeichnung. Die Idee des Frauentags blieb unter Kommunisten, Sozialisten und Sozialdemorkraten lebendig. Er konnte nur nicht offiziell gefeiert werden, sondern wurde im Geheimen illegal zelebriert – was die Beteiligten mitunter in Lebensgefahr brachte. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegsfand fand erstmals 1946 in der sowjetischen Besatzungszone der Frauentag statt. In der DDR wurde er als Feiertag staatstragend zelebriert. Staatsoberhaupt Erich Honecker zeichnete Frauen aus, die sich als  Arbeiterinnen um den sozialistischen Staat und seine Idee verdient gemacht hatten.

Frauentag damals und heute: Immer noch nicht gleichberechtigt

Frauen protestieren gegen sexuelle Belästigung und die frauenfeindlichen Äußerungen von Donald Trump (Foto: Pixabay)

 

In Westdeutschland wurde der Frauentag in den 1960er, 70er und 80er Jahren vor allem von der stärker werdenden Frauenbewegung wiederbelebt. Frauengruppen, Gewerkschaften und Parteien demonstrierten am 8. März für Frauenrechte. Die Themen waren (und sind bis heute) die gleichen: Gleiche Bezahlung von Frauen, gleiche Chancen bei der (Aus)Bildung, bessere Kinderbetreuung, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und Abtreibung, eine bessere Absicherung im Alter, mehr Unterstützung für alleinerziehende Mütter – um nur einige zu nennen. Natürlich hat sich in den letzten vierzig Jahren vieles zum Positiven verändert. Nach der Elternzeit steigen Frauen selbstverständlich wieder in den Job ein. Allerdings oft nur in Teilzeit. Was weniger Lohn und eine geringere Rente bedeutet. Es gibt zwar mehr Frauen in Führungspositionen – aber immer noch nicht genug. 2018 lag der Frauenanteil in Führungspositionen bei 16,8 Prozent. Aktuelle Studien zeigen, dass Hausarbeit immer noch „Frauenarbeit“ ist. Obwohl mehr Männer Elternzeit nehmen.

Aktuelle Debatten zeigen: Der Frauentag ist wichtiger denn je

Debatten wie die auch nach der Verurteilung von Harvey Weinstein immer noch aktuelle #metoo-Diskussion, die Diskussion um den Paragrafen 219a („Werbung“ für Abtreibungen) oder die Studie des CDU-Gesundheitsministers Jens Spahn zu den angeblichen Spätfolgen von Schwangerschaftsabbrüchen zeigen, dass der Frauentag nichts an Aktualität verloren hat. Es gibt nach wie vor Themen und Bereiche, in  denen Frauen auch 2021 noch nicht gleichberechtigt sind.

Ein großes Thema ist und bleibt die „Gender Gap“: Nach wie vor verdienen Frauen durchschnittlich 21 Prozent weniger als Männer. Bei gleicher Ausbildung und Qualifikation. Zu viele Frauen arbeiten Teilzeit oder in sozialen Berufen und nehmen dadurch später eine geringe Rente als Männer in Kauf.  Pflegeberufe wie der Beruf der Erzieherin und der Hebamme bleiben in Frauenhand und sind deutlich unterbezahlt.

Auch Diskriminierungen und Vorurteile – meist von Männern – müssen sich Frauen sowohl beruflich als auch privat immer noch anhören. Zu dick, zu dünn, zu ehrgeizig, zu erfolglos, Mutter, keine Mutter, zu alt, zu jung, zu sehr auf Bestätigung aus, zu unabhängig… die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Bitter, dass wir Frauen uns auch im Jahre 2023 noch mit solchen Aussagen auseinandersetzen müssen. Umso wichtiger ist es, sich am 8. März mit allen anderen Frauen zu solidarisieren und für weibliche Interessen, Rechte und Gleichberechtigung zu kämpfen. Der internationale Frauentag  ist und bleibt wichtig. Feiern wir am 8. März gemeinsam unsere Stärke. Die Zukunft ist weiblich.

Hier kommen weitere inspirierende Frauen, die wir für ihre Haltung und ihr Engagement bewundern.

Warum wir den Namen „Feminstischer Kampftag“ bevorzugen

Überall läuft der 8. März noch als Internationaler Frauentag. Es wird von allen Seiten gratuliert, ähnlich wie beim Muttertag. Die Aktionen muten eher performativ an, Unternehmen nutzen den Tag für ihre Marketingzwecke. Aber ändert sich dadurch etwas? Nein! Am nächsten Tag ist schon wieder alles vergessen.

Dabei muss weiterhin für die Gleichberechtigung von Frauen gekämpft werden. Dies zeigt die immer wieder kehrende Debatte über Abtreibung in allen Ländern, die aktuelle Situation im Iran, wo Frauen für politische Machtdemonstrationen missbraucht werden und täglich um ihr Leben fürchten, oder die Entwicklung in Afghanistan, wo Frauen zunehmend aus dem öffentlichen Leben entfernt werden. Ein aktueller Report der UNO sagt, dass die Ungleicheit zwischen den Geschlechtern momentan sogar größer wird, und wir von einer wirklichen Gleichstellung noch 300 Jahre entfernt sind… Unfassbar!
Deshalb bevorzugen wir den Namen Feminstischer Kampftag. Aber würde diesen dann noch ein männlicher Politiker in den Mund nehmen? Wahrscheinlich eher nicht.

Lesetipps zum Frauentag


Ihr wollt mehr über spannende, inspirierende, kluge und kämpferische Frauen erfahren? Dann empfehlen wir euch das Buch „Powerfrauen. Was Beyoncé mit Michelle Obama und Anne Frank verbindet“ von Kate Hodges (wbg/Theiss; 26,00 Euro) mit tollen Frauenporträts von Virginia Woolfe, Simone de Beauvoir, Dorothy Parker, Michelle Obama, Patti Smith, Audrey Hepburn und vielen mehr.

Einen interessanten Einblick in das Leben starker Frauen und die lange Geschichte der Frauenbewegung bietet die Graphic Novel „Rebellische Frauen – Women in Battle: 150 Jahre Kampf für Freiheit, Gleichheit, Schwesterlichkeit“ von Marta Breen. Die originellen, witzigen Illustrationen der Graphic Novel stammen von Jenny Jordahl. (Suhrkamp/Insel; 25 Euro)

Was Feminismus heute bedeutet, wie er im Alltag aussieht und was Frauen über Feminismus denken gibt es im Buch „The Future is female“  von Scarlett Curtis. Mit Essays von Emma Watson, Keira Kneightley, Katrin Bauerfeind u.v.m.

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