Menstruation nach der Geburt: Interview mit Dr. Med. Judith Bildau

SCHWANGERSCHAFT, Wissen

Isabelle Jänchen

Wann setzt die Menstruation nach der Geburt wieder ein? Eine der vielen Fragen, die sich Neu-Mama's stellen. Wir haben Mutter und Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe Dr. Med. Judith Bildau die wichtigsten Fragen zu diesem Thema gestellt.

Judith Bildau ist Mutter von fünf Töchtern (drei eigene) und arbeitet als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in der Toskana. Vor zwei Jahren zog es die 37-jährige mit ihrer Familie nach Italien. Ihr erster Stop galt Rom, seit kurzer Zeit haben sie und ihr Mann sich ihren Traum von einem Leben in der Toskana erfüllt.

Hier ist sie in insgesamt 3 Krankenhäusern auf dem Land tätig und betreut Frauen sämtlichen Alters. Nebenbei versorgt Judith Bildau im Onlinemagazin „Mutterkutter“ Eltern mit wertvollen Ratschlägen rund ums Familienleben und hilfreichen, medizinischen Fachbeiträgen.

Im folgenden Interview beantwortet sie uns alle Fragen rund um’s Thema Menstruation nach der Geburt.

Liebe Judith, ab wann setzt der Zyklus nach der Geburt normalerweise wieder ein?

Das ist von Frau zu Frau und Neu-Mama zu Neu-Mama sehr unterschiedlich. Eine wichtige Einflussgröße ist hierbei natürlich, ob und auch wie intensiv eine Mama stillt oder nicht. Stillt sie zum Beispiel direkt nach der Geburt ab, hat im Zweifel also gar keinen Milcheinschuss, kann die erste Regelblutung schon nach einigen Wochen auftreten.

Häufig ist sie dann auch schon recht bald wieder recht regelmässig. Bei einer Mama, die in den ersten Wochen nach der Geburt stillt, kommt die erste Menstruation dann natürlich meist etwas zeitverzögert. Es ist allerdings auch gar nicht so ungewöhnlich, dass Mamas während der Stillzeit Regelblutungen haben. Besonders, wenn sie nicht voll stillen, also am Tag immer wieder längere Stillpausen haben. Diese Blutungen sind dann meist noch nicht regelmäßig, treten aber immer mal wieder auf. Wichtig hierbei ist:

Es gibt keinen Zeitpunkt, an dem die erste Periode zwingend einsetzen MUSS, denn jede Frau und ihr Körper ist anders.

Wie wirkt sich das Stillen auf den Zyklus aus?

Durch das Stillen wird neben dem Hormon Oxytocin auch das Hormon Prolaktin im Körper der Mama gebildet und ausgeschüttet. Oxytocin sorgt einerseits dafür, dass sich nach der Geburt die Gebärmutter wieder schnell zusammenzieht, andererseits fördert es aber auch die Milchbeförderung in den Milchgängen der mütterlichen Brust.

Das Prolaktin wiederum ist für die Bildung der Muttermilch zuständig. Quasi als „Nebeneffekt“ unterdrückt es aber auch den natürlichen Eisprung, wirkt also im überspitzten Sinne, wie ein, aber nicht 100%ig verlässliches, Verhütungsmittel. Auf Grund des Prolaktins ist der weibliche Zyklus also während der Stillzeit weiterhin „lahmgelegt“.

Stillen unterdrückt den Eisprung, ist aber kein zuverlässiges Verhütungsmittel | Bild: Getty

Wann startet die Menstruation bei Frauen, die nicht stillen?

Wichtig ist hierbei zu wissen, dass Prolaktin bereits während der Schwangerschaft gebildet und ausgeschüttet wird. Viele Schwangere merken bereits, vor allem in den Wochen kurz vor der Geburt, eine Sekretion ihrer Brustwarzen. Stillt eine Frau direkt nach der Geburt ab, sinkt der Prolaktinspiegel auch recht schnell wieder und der Zyklus kehrt meist schon nach wenigen Wochen zurück. Auch hier kann man nicht die Uhr danach stellen. Es ist tatsächlich bei jeder Frau etwas unterschiedlich.


Muss ich verhüten, auch wenn der Zyklus noch nicht wieder begonnen hat?

Sagen wir so: Stillen ist kein zuverlässiges Verhütungsmittel. Soll also eine Schwangerschaft während der Stillperiode verhindert werden, besonders nach einem Kaiserschnitt ist es zum Beispiel wichtig, dass die Gebärmutter ausreichend Zeit bekommt, zu heilen, dann sollte auf ein Verhütungsmittel zurückgegriffen werden. Während der Stillzeit können das natürlich Kondome sein oder ein Diaphragma, aber auch eine „Stillpille“ oder eine Spirale sind möglich.

Ist es möglich, dass sich der Zyklus nach einer Schwangerschaft verändert?

Oh ja, auf jeden Fall. Erstens kann er sich natürlich in seiner Regelmäßigkeit verändern; besonders in den ersten Monaten nach der Geburt oder der Stillzeit kann er noch sehr unregelmäßig sein. Aber auch die Intensität der Regelblutung kann sich verändern. Nicht wenige Frauen berichten nach der Geburt zunächst einmal über eine deutlich stärkere und längere Menstruationsblutung im Vergleich zu vorher. Gründe dafür sind, dass sich die Gebärmutter weiter zurückbilden und sich der Hormonhaushalt erst wieder einspielen müssen. Wenn das geschehen ist, berichten viele Frauen aber auch davon, dass sie nach ihren Schwangerschaften im Vergleich zu vorher nun insgesamt eine regelmäßigere und weniger schmerzhafte Regelblutung haben.

Meine Menstruation lässt auf sich warten, ab wann sollte ich mich bei meinem Arzt vorstellen?

Ich persönlich als Frauenärztin bin ja der Meinung, Frauen sollten sich immer dann an ihre Gynäkologin/ihren Gynäkologen wenden, wenn sie Fragen oder Sorgen haben. Bist du also nach der Geburt unsicher, was deine Regelblutung angeht, scheue dich bitte nicht davor, dir Informationen und Rat bei der Ärztin/deinem Arzt des Vertrauens zu holen.

Wie schon gesagt ist die Rückkehr zu einem natürlichen Zyklus bei jeder Frau ganz unterschiedlich. Es gibt Frauen, die erst etwa ein Jahr nach dem Abstillen wieder ihre erste Regelblutung haben. Das ist völlig normal. Meine Empfehlung ist deshalb: Bleibt die Periode länger als ein 3/4 Jahr bis Jahr nach dem Abstillen aus, solltest du dich einmal bei deiner Frauenärztin/deinem Frauenarzt vorstellen. Sie/er wird dann zunächst eine gynäkologische Untersuchung durchführen, eventuell im Verlauf auch eine Kontrolle deiner Hormonwerte.

Ratgeber „Starke Mädchen brauchen entspannte Eltern“ von Dr. Judith Bildau, erhältlich im Humboldt Verlag, ca. 20€; ISBN 9783842616134

Liebe Judith, vielen Dank für das Interview.

Übrigens: Dr. Med. Judith Bildau ist ebenso Autorin ihres ersten Buches „Starke Mädchen brauchen entspannte Eltern“, das in diesem Jahr erschienen ist. Dies richtet sich vorrangig an Eltern von Vor- und Grundschulmädchen. Im nächsten Jahr, passend für alle Eltern von Teenager-Kids, folgt ihr Pubertäts-Ratgeber.

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