

Individuelles Beschäftigungsverbot – Diese Gründe gibt es dafür
Ein individuelles Beschäftigungsverbot kann vom Arzt verordnet werden, wenn Gefahr für die Gesundheit der Schwangeren oder des ungeborenen Kindes droht. Wann dies der Fall ist und wie deine Rechte dabei aussehen, erfährst du hier.
Arbeitssicherheit ist im Mutterschutzgesetz geregelt
Während einer Schwangerschaft und nach der Geburt eines Kindes genießt du als Mutter auch am Arbeitsplatz besonderen Schutz. Dieser wird vom Mutterschutzgesetz geregelt. Werdende Mütter sollen an ihrem Arbeitsplatz nicht benachteiligt, sondern im Gegenteil gestärkt werden, damit sie ihren Beruf auch während dieser besonderen Phase gut ausführen können. Ganz besonderen Wert legt das Mutterschutzgesetz darauf, dass die Gesundheit der schwangeren Frauen und die ihres ungeborenen Kindes keinen Schaden nehmen.

Sobald eine berufstätige Frau ihren Arbeitgeber über ihre Schwangerschaft informiert hat, muss sich dieser an das Mutterschutzgesetz (MuSchG) halten. Das heißt, er muss besondere Rücksichtnahme am Arbeitsplatz walten lassen. Um das zu gewährleisten, hat der Gesetzgeber eine Reihe von Schutzvorschriften verankert, unter anderem auch Beschäftigungsverbote.
Diese Beschäftigungsverbote gibt es in der Schwangerschaft
Generelles Beschäftigungsverbot
Dieses Verbot gilt für alle Schwangeren und betrifft Tätigkeiten, die eine gesundheitliche Gefährdung darstellen. Diese können zum Beispiel sein:
- Arbeiten mit gesundheitsgefährdenden Stoffen (z. B. Chemikalien, Strahlenbelastung)
- Schwere körperliche Arbeiten (z. B. regelmäßiges Heben von mehr als 5 kg ohne Hilfsmittel)
- Arbeiten mit viel Hitze, Kälte oder Nässe
- Akkord- oder Fließbandarbeit mit vorgeschriebenem Arbeitstempo
- Nachtarbeit zwischen 20 und 6 Uhr (mit Ausnahme einiger Branchen)
- Mehrarbeit (mehr als 8,5 Stunden täglich bzw. mehr als 90 Stunden in 2 Wochen)

Individuelles Beschäftigungsverbot
Falls eine ärztliche Bescheinigung bestätigt, dass die Arbeit die Schwangerschaft oder die Gesundheit der Mutter gefährdet, kann ein individuelles Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. Typische Gründe sind:
- Komplikationen in der Schwangerschaft (z. B. vorzeitige Wehen, Bluthochdruck)
- Psychische oder physische Belastung durch die Arbeit
- Gefahr durch Infektionen (z. B. im medizinischen oder pädagogischen Bereich)
Beschäftigungsverbot in den letzten Wochen der Schwangerschaft (Mutterschutz)
- Mutterschutzfrist: 6 Wochen vor der Geburt darf die Schwangere nicht mehr arbeiten, es sei denn, sie erklärt sich ausdrücklich bereit dazu.
- Nach der Geburt besteht ein absolutes Beschäftigungsverbot für 8 Wochen (bzw. 12 Wochen bei Früh- oder Mehrlingsgeburten).
Arbeitgeber müssen diese Regelungen beachten und gegebenenfalls alternative Tätigkeiten anbieten oder die Schwangere freistellen. Das Gehalt wird in dieser Zeit weitergezahlt.
Warum sieht das Mutterschutzgesetz ein individuelles Beschäftigungsverbot vor?
Alle generellen Beschäftigungsverbote werden im Mutterschutzgesetz genau aufgeführt und benannt. Daneben gibt es aber auch noch einen weiteren Schutz für Schwangere: das individuelle Beschäftigungsverbot für den Einzelfall nach Paragraph 3. Dieses schützt die Gesundheit von Mutter und Kind, wenn die konkrete Arbeitstätigkeit oder der Gesundheitszustand der Schwangeren eine Gefahr darstellt. Es bedenkt also die individuelle Situation der schwangeren Arbeitnehmerin. Selbst bei Tätigkeiten, die auf den ersten Blick kein gesundheitliches Risiko darstellen, kann es so zu einem Beschäftigungsverbot kommen.

Welche Gründe gibt es für ein ärztliches Beschäftigungsverbot?
Es gibt mehrere Gründe für ein ärztliches Beschäftigungsverbot, die entweder auf die Gesundheit der Schwangeren oder auf die Arbeitsbedingungen zurückzuführen sind.
Gesundheitliche Risiken in der Schwangerschaft
- Gefahr einer Frühgeburt
- Mehrlingsgeburten
- Muttermundschwäche
- Rückenschmerzen
- gesundheitliche Beeinträchtigungen, die auf die Schwangerschaft zurückzuführen sind wie Kreislaufprobleme, Bluthochdruck oder auch Schwangerschaftsdiabetes
Gefährdung durch Arbeitsbedingungen
- Schwere körperliche Belastung (z. B. langes Stehen, schweres Heben)
- Stress oder psychische Belastung (z. B. hohe Arbeitsintensität, Schichtarbeit)
- Infektionsrisiken (z. B. in Kitas, Krankenhäusern oder Laboren)
Die Grenzen zwischen Beschwerden, die durch die Schwangerschaft hervorgerufen werden und denen einer herkömmlichen Krankheit sind oft fließend. Darum wird der Arzt von Fall zu Fall entscheiden, worum es sich genau handelt. Er sollte außerdem abwägen, ob im weiteren Verlauf der Schwangerschaft Komplikationen zu befürchten sind, die ein individuelles Beschäftigungsverbot rechtfertigen. Dazu muss bei der werdenden Mutter nicht unbedingt eine akute Erkrankung vorliegen.
Wenn die Schwangere einen Job macht, der offensichtlich ihre oder die Gesundheit des Ungeborenen gefährden könnte, muss dagegen nicht extra ein individuelles Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. Hier greift das generelle Beschäftigungsverbot, das im Mutterschutzgesetz klar geregelt ist und vom Gewerbeaufsichtsamt überwacht wird.

Gibt es ein Beschäftigungsverbot im Büro?
Ein generelles Beschäftigungsverbot für Bildschirmarbeit gibt es für Schwangere nicht. Aber die sitzende Haltung am Schreibtisch kann auf Dauer unangenehm werden oder Rückenschmerzen verursachen. Nach Prüfung des Einzelfalls (vielleicht auch durch einen Betriebsarzt der hinzugezogen werden kann) greift hier höchstens ein zeitweiliges, individuelles Beschäftigungsverbot. Der Arzt der werdenden Mutter wird dann zusammen mit dem Betriebsarzt entscheiden, ob auftretende Beschwerden schwangerschaftsbedingt sind und ob ein teilweises oder ein komplettes Beschäftigungsverbot wegen eintretender Komplikationen gerechtfertigt ist.
Bekomme ich trotzdem weiter mein Gehalt?
Während eines Beschäftigungsverbotes vor und während der Schutzfrist oder nach der Entbindung hat die Arbeitnehmerin keine finanziellen Einbußen zu befürchten. Im Rahmen des Mutterschutzgesetzes sind auch Regelungen zur Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber vorgesehen. Während des Beschäftigungsverbots in der Schwangerschaft erhalten schwangere Frauen in der Regel Mutterschaftsgeld und weiterhin volles Gehalt.
Wichtig zu wissen: Auch wenn der Arbeitgeber der werdenden Mutter wegen eines Beschäftigungsverbotes einen anderen (zumutbaren) Arbeitsplatz zuweist, darf er ihr Gehalt nicht kürzen. Zudem besteht ein Kündigungsschutz, der sicherstellt, dass das Arbeitsverhältnis während der Schwangerschaft und bis zu 8 Wochen nach der Entbindung nicht beendet werden kann.
Was passiert mit dem Urlaubsanspruch?
Der Urlaubsanspruch bleibt vollständig erhalten. Die Zeit des Beschäftigungsverbots (egal ob generell oder individuell) wird wie normale Arbeitszeit gewertet. Dein Urlaub verfällt also nicht, und darf auch nicht gekürzt werden. Falls du deinen Urlaub wegen des Beschäftigungsverbots oder der anschließenden Elternzeit nicht nehmen konntest, kannst du ihn ins nächste Jahr übertragen und nach der Rückkehr aus der Elternzeit nehmen.

Wer spricht ein individuelles Beschäftigungsverbot aus?
Das individuelle Beschäftigungsverbot kann von jedem niedergelassenen Arzt ausgesprochen werden. Oft wird dies aber dein behandelnde Gynäkologe machen. Für das Beschäftigungsverbot ist ein Attest nötig, das der Arzt mit eigenen Worten formuliert. Darin sollte möglichst genau und verständlich festgeschrieben werden, ob das Beschäftigungsverbot jegliche Tätigkeit am Arbeitsplatz verbietet. Manchmal kann die Schwangere leichtere Arbeiten übernehmen oder zumindest weniger Stunden am Tag arbeiten. In diesen Fällen könnte der Arbeitgeber ihr einen anderen, weniger gefährdenden Arbeitsplatz zuweisen.
Wie lange dauert ein individuelles Beschäftigungsverbot und was umfasst es?
Das Attest des Arztes gibt darüber Auskunft, warum und in welchem Umfang eine weitere Beschäftigung eine Gefahr für Mutter und Kind darstellt. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, ein totales (dabei ist jede Tätigkeit untersagt) oder ein partielles (dabei sind nur bestimmte Tätigkeiten oder diese auf eine bestimmte Zeit untersagt) Beschäftigungsverbot zu attestieren. Ein Beispiel für ein partielles Beschäftigungsverbot sind die Begrenzung der Arbeitszeit auf eine gewisse Stundenzahl pro Tag oder Woche oder eine Begrenzung der Zuständigkeiten im Job.
Wichtig zu wissen: Nicht immer übernehmen die Krankenkassen die Kosten für das Attest. Hier solltest du bei deiner Krankenkasse nachfragen.
Der Arbeitgeber muss sich in jedem Fall an das einmal ausgesprochene Beschäftigungsverbot halten. Hat er jedoch gewisse Zweifel an dessen Richtigkeit, kann er eine Nachuntersuchung verlangen. Welcher Arzt diese Untersuchung vornimmt, bestimmt jedoch wiederum die Schwangere. Du kannst in dieser Situation also ruhig eine Untersuchung durch den Werksarzt ablehnen. Die Kosten für die Nachuntersuchung hat der Arbeitgeber zu tragen.

Was ist für mich als Schwangere besser: ein Beschäftigungsverbot oder eine normale Krankschreibung?
Das ist wirklich von Fall zu Fall zu entscheiden. Bei einer Erkältung wird der Arzt auch in der Schwangerschaft zunächst eine normale Krankschreibung ausstellen. Ist es allerdings so, dass du dich auch nach sechs Wochen noch nicht gut fühlst, weil du dich während der Schwangerschaft einfach schlechter auskurierst, kannst du den Arzt bitten ein zeitweiliges, individuelles Beschäftigungsverbot zu attestieren. Dann erhältst du nicht nur das Krankengeld, das niedriger ist als dein normales Gehalt, sondern wieder die vollen Bezüge.
Bist du jedoch beim Auftreten der Schwangerschaft arbeitslos gemeldet, ist wiederum die Krankschreibung vorteilhafter. Wird ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen, stellt das Arbeitsamt nämlich sofort die Zahlung des Arbeitslosengeldes ein. Denn diese Leistung darf nur bezogen werden, wenn du als Arbeitssuchende grundsätzlich vermittelt werden könntest. In diesem Fall müsstest du mit finanziellen Einbußen rechnen, was eine normale Krankschreibung vorteilhafter macht.
Gilt das individuelle Beschäftigungsverbot auch nach der Geburt?

Auch nach der Geburt kann ein individuelles Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. Das geschieht zum Beispiel, wenn nach der Mutterschutzfrist von acht Wochen bei der jungen Mutter weiterhin eine verminderte Leistungsfähigkeit besteht, die auf die Geburt zurück zu führen ist. Maximal bis zum sechsten Monat nach der Geburt kann der Arzt dann das Beschäftigungsverbot durch Attest bestätigen. Aus dem Attest sollte klar ersichtlich sein, inwiefern die Leistungsfähigkeit der Mutter eingeschränkt ist, welche Tätigkeiten ihr zuzumuten wären und wie lange dieses Beschäftigungsverbot gelten soll.
Bilder: GettyImages (2); Unsplash (2)