Ländervergleich: Schwangerschaft & Geburt in Frankreich
Laura lebt als Deutsche mit ihrem Mann und zwei Kindern Paul & Mathilda in Paris. Während ihrer ersten Schwangerschaft zog sie in die französische Hauptstadt. Hier erzählt sie uns, wie Schwangerschaft und Geburt in Frankreich begleitet werden – im Gegensatz zu den Gepflogenheiten hierzulande. Laura (@thildainparis) hat uns außerdem schon einige wundervolle Tipps für einen Tripp nach Paris mit Kindern vorgestellt.
Nach einer fast vierjährigen Fernbeziehung zog ich im Januar 2014 endlich mit meinem Mann zusammen. Ich packte mein Auto voll und fuhr alleine von Baden-Baden durch Regen, Schnee und Sonnenschein nach Nizza #nokidding. Im April/Mai wurde ich dann schwanger und da es meinen Pariser Mann zurück in die Heimat zog, zogen wir im August 2014 nach Paris. Mein Mann war damals völlig in Hektik und aufgebracht, da die Pariser sich innerhalb der ersten 12 Schwangerschaftswochen bereits auf ein Krankenhaus festlegen sollten. Es kann nämlich gut sein, dass du im Wunschkrankenhaus keinen Platz mehr bekommst, wenn du zu spät dran bist. Ich sah das ein bisschen entspannter und so machten wir uns auf Krankenhaus-Besichtigungstour.
Unter anderem besuchten wir das irrsinnig teure American Hospital of Paris. Meine Versicherung hätte die Kosten dafür sogar übernommen, aber nachdem wir auf der Geburtsstation eine Krankenschwester trafen, die eine Ex von meinem Mann war und der die Begeisterung ins Gesicht geschrieben war #awkward und wir dazu noch lasen, dass dieses Krankenhaus eine 50%tige Kaiserschnittrate hat (!!), war es mir egal, dass mein zukünftiges Krankenhauszimmer keinem Hotelzimmer gleichen würde. Wir entschlossen uns dann für das stinknormale und öffentliche Hôpital Franco-Britannique in Levallois.
Vorsorgeuntersuchungen während der Schwangerschaft
In Frankreich geht man ab dem 6. Monat nicht mehr zu seinem Gynäkologen, sondern direkt zu monatlichen Vorsorgeuntersuchungen ins Krankenhaus. Da ich im 4. Monat in Paris ankam und vor Ort noch keine eigene Frauenärztin hatte, absolvierte ich meine monatlichen Check-Ups direkt im Krankenhaus. In Frankreich zählt man übrigens 41 Schwangerschaftswochen, und nicht 40. Alle internationalen Mamas vor Ort nennen deshalb immer zwei Geburtstermine.
Vom Staat werden in Frankreich drei große Ultraschalle übernommen – einmal das Erst-Trimester-Screening mit Wahrscheinlichkeitsberechnung einer Chromosomenstörung, das Zweit-Trimester-Screening, welches ein großes Organscreening ist und während welchem ganz genau alles angeschaut und bis auf den letzten Finger und Zeh alles durchgezählt wird und das Dritt-Trimester-Screening, um die Lage des Babys zu ermitteln. Ansonsten werden bei den monatlichen Checks einfach das Urin, das Gewicht und der Blutdruck untersucht und es wird der Herzschlag vom Baby abgehört. Sehr ähnlich wie in Deutschland. Auch die monatlichen Blutergebnisse werden besprochen. Wenn man nämlich nicht immun gegen die Toxoplasmose ist, muss man in Frankreich JEDEN Monat bis zu einem Monat nach der Geburt einen Bluttest machen. Anscheinend passieren hier Infizierungen recht häufig – vielleicht wegen dem ganzen Tartar 😉 Leider wird die Blutabnahme nicht in den Arztpraxen oder Krankenhäusern durchgeführt, sondern man muss in spezielle private Labore. Bei mir kamen wegen meinem Rhesus-Negativ-Faktor noch andere Tests und Spritzen dazu, um meine Rhesus-Positiven Kinder zu schützen.
Gewichtszunahme während der Schwangerschaft
Bezüglich Gewichtszunahme sind die Franzosen auch sehr extrem. Oder ist Paris diesbezüglich vielleicht ein spezielles Pflaster? In Deutschland sagt man ja, meines Wissens nach, dass man so als normal-gewichtige Frau während einer Schwangerschaft ca. 12-14 kg zunehmen sollte. In Frankreich sind das 9-12 kg (!!). Ich erinnere mich an einen Check-Up mit meiner Ärztin im Krankenhaus im 6. Monat und ich hatte zu dem Zeitpunkt 8 kg zugenommen. Beim Blick auf mein Gewicht meinte sie dann sogar lachend und so ähnlich wie der Weihnachtsmann „Ho ho ho, na da haben sie ja schon kräftig zugenommen!“. Ich fand das ziemlich unverschämt, da ich komplett normal schwanger aussah. Auch Freundinnen erzählten, dass alle wegen der Gewichtszunahme abgemahnt wurden. Hier zieht das gesamte französische Gesundheitssystem an einem Strang.
PDA oder nicht?
In Paris gibt es in den meisten Krankenhäusern eine PDA-Rate von etwa 90%. Ein großer Bluttest kurz vor der Geburt gehört zum Standard. Mit diesem geht man dann innerhalb von zwei Wochen zu einem Anästhesisten, um die Vorgehensweise zu besprechen. Ich habe den Test gemacht und alle nötigen Unterlagen unterschrieben, aber ich wollte es mir weiterhin offen halten, ob ich wirklich Gebrauch von der PDA machen will. Wenn irgendwie möglich, wollte ich es ohne schaffen. Als ich beim Termin mit der Anästhesistin nach anderen schmerzlindernden Mitteln fragte, sagte sie nur nüchtern, dass es entweder eine PDA oder gar nichts gibt, da andere Mittel aufs Baby übergehen. Meine Bitte nach Möglichkeit auf eine PDA zu verzichten, quittierte sie missbilligend mit einem „Pourqoui?“ Bei der zweiten Geburt traf ich allerdings schon auf einen wesentlich verständnisvolleren Anästhesisten. Letztendlich habe ich es bei beiden Geburten (einmal 36 Stunden, einmal 28 Stunden) nicht ohne PDA ausgehalten.
Die Geburt im französischen Krankenhaus
Die Betreuung im Krankenhaus war zu jederzeit sehr professionell und auch trotz einiger Komplikationen – während der Geburt von Paul oder als Mathilda in der zweiten Nacht blau angelaufen war – habe ich mich sehr gut aufgehoben gefühlt. Es gibt nach der Geburt in Frankreich spezielle Krankenschwestern für die Mütter und separate Krankenschwestern für die Babys, das fand ich super! Jeder hat sein Spezialgebiet und konzentriert sich darauf. In den ersten 24 Stunden werden Mutter und Kind beide alle 4 Stunden kontrolliert, auch nachts. Nach der Geburt lagen Paul und Mathilda immer bei mir, obwohl Gerüchte umgehen, dass dies in vielen Pariser Krankenhäusern nicht der Fall ist.
Alle Babyprodukte und Kleidung muss man leider selbst mit ins Krankenhaus nehmen – Bodies, Windeln, Wattepads, Waschlotion, Fieberthermometer(!), die Binden… Schon deshalb muss man eher einen riesigen Klinikkoffer als nur eine Kliniktasche packen.
Nachsorge & Wochenbett
Nach einer normalen Geburt bleibt man in Frankreich ca. 3 Tage im Krankenhaus. Bei Mathilda war es ein Tag mehr, weil es zur Beobachtung nötig war. Freundinnen, die Kaiserschnitte hatten, waren 5 Nächte im Krankenhaus. Ab dem ersten Tag verabredet man sich mit den „Babykrankenschwestern“ in der Säuglingsstation und bekommt Hilfestellung beim Wickeln, Baden, Wiegen und der Pflege des Babys. Danach übernimmt die Krankenkasse bei normalen Geburten ca. zwei Hebammenbesuche zu Hause, in dem Mutter und Baby untersucht werden. Bei Mathilda ließ ich eine wunderbare irische Stillberaterin kommen, die dann auch nach drei schweren Wochen das versteckte Zungenbändchen diagnostizierte.
Die Mitmenschen oder auch: Französinnen & Schwangerschaft
Ich habe mich schwanger in Paris immer sehr wohl gefühlt. Bei jeder Metro-Fahrt wurde mir von sogar zum Teil sehr alten Damen ein Platz angeboten. Auch wenn die Franzosen öfters mal sehr unhöflich sein können, sind sie zu Schwangeren sehr zuvorkommend und man darf sich in allen Schlangen vordrängeln. Die Pariserinnen sehen natürlich auch während der Schwangerschaft (und direkt nach der Geburt) wie aus dem Ei gepellt aus und viele arbeiten oft bis sehr kurz vor der Geburt. Diese Zeit können sie nämlich dann nach der Geburt an die doch sehr kurze Elternzeit dranhängen.
Es gibt auch einige, die es mit dem Alkohol und den Zigaretten während der Schwangerschaft nicht so genau nehmen und es wurden auch schon Schwangere auf Rollern gesichtet. Für vorsichtige Deutsche ziemlich ungewöhnlich!
Stichwort Mama-Freundschaften: Ich wollte mich auch nach der Geburt von Paul mit anderen französischen Mamas anfreunden, jedoch wissen wir alle, dass die ersten Wochen mit Neugeborenen nicht einfach sind. Hinzukommt, dass die Französinnen 2 1/2 – 3 Monate nach der Geburt wieder arbeiten und man kaum eine Chance hat, engere Freundschaften zu knüpfen. Deshalb sind die meisten meiner Mama-Freundinnen hier international.