Sport in der Schwangerschaft: Das raten Fitnessexperten

SCHWANGERSCHAFT, Wohlfühlen

Sport in der Schwangerschaft ist sehr gut für die Entwicklung des Fötus und für die Gesundheit der Mutter. Wir haben mit den Fitnesstrainerinnen Jiske van Eeghen und Marieke Broeren von „Mom in Balance" darüber gesprochen, was als werdende Mutter beim Training erlaubt ist und was man lieber lassen sollte.

„Mom in Balance“ nennt sich das spezielle Fitnessprogramm, das die Niederländerin Esther van Diepen gegründet hat und das jetzt auch in Deutschland großen Zuspruch erfährt. Seit 2008 trainieren Schwangere nach einer speziellen Methode, die van Diepen zusammen mit Gynäkologen und Physiotherapeuten ausgearbeitet hat.

 

Jiske und Marieke von Mom in Balance

Kennen sich mit Schwangerensport aus: Jiske und Marieke von Mom in Balance

 

Wir haben die beiden Fitnessexpertinnen Jiske und Marieke gefragt, was Schwangere beim Sport beachten sollten:

Was ist euch wichtig, wenn ihr werdende Mütter trainieren?

Marieke: Sie sollen vor allem Spaß haben.  Wir trainieren ja nur draußen in verschiedenen Parks; manchmal im Winter, wenn es früh dunkel wird, muss man sich wirklich aufraffen. Aber die meisten kommen und trainieren mit. Das Schöne ist, dass über die Sportstunden hinaus zwischen den Frauen Kontakte und Freundschaften entstehen.

Die Frauen trainieren während der gesamten Schwangerschaft mit euch?

Jiske: Ja, die meisten fangen nach der zwölften Woche an und bleiben dabei.

Marieke: Offiziell fängt Schwangerensport mit der 16. Woche an. Ab da fühlt man sich schwerer und die Frauen brauchen ein Work-out, das sich mehr an ihren Körper anpasst.

Ihr versucht, den Frauen ein bestimmtes Körperbewusstsein zu vermitteln?

Jiske: Ja, die Körperhaltung ist das Wichtigste am ganzen Work-out. Das heißt: Schultern tief und leicht nach hinten, Knie leicht gebeugt, das Becken etwas nach vorne gerichtet und immer in der Atmung bleiben. Wenn Schwangere trainieren, dürfen sie ein bisschen an ihre Grenzen gehen. Aber sie sollen sich keinesfalls überanstrengen. Dafür sind wir da, um das im Blick zu behalten. Die meisten unserer Teilnehmerinnen melden uns zurück, dass sie mehr Energie haben, sich in ihrem Körper wohlfühlen und auch, dass sie nach der Geburt schneller wieder fit sind.

Können die Frauen noch alles mitmachen?

Jiske: Wir weisen sie immer wieder darauf hin, dass sie auf ihren eigenen Körper achten sollen. Wenn sich eine Übung nicht mehr gut anfühlt oder wenn sich etwas an ihrem Körper ändert, dann wollen wir das gerne wissen, denn dann können wir den Schwierigkeitsgrad immer wieder individuell anpassen.

Marieke: Schwangere sollen sich nicht mehr so stark dehnen oder überanstrengen. Der Übungsradius wird etwas enger, reduzierter. Und für manche unserer Teilnehmerinnen muss er sogar noch reduzierter sein als bei den anderen. Wir versuchen, das im Blick zu behalten und mit ihnen zusammen abzustimmen.

Braucht man ein Attest vom Arzt, bevor man mit dem Training beginnt?

Marieke: In unseren Aufnahmeanträgen steht, dass man in jedem Fall vorher mit dem Arzt abklären soll, ob man Sport machen kann, insofern also ja.

Jiske: Wir stellen schon bei der ersten Probestunde viele Fragen zur Schwangerschaft und wie sich die Frauen während der ersten Wochen gefühlt haben. Auch später, wenn sie nach der Geburt zu den „Back in Shape“-Kursen kommen, wollen wir wissen, wie die Geburt verlaufen ist, ob es einen Kaiserschnitt oder einen Dammschnitt gab, ob das Kind mit der Saugglocke geholt wurde … All das ist wichtig, um das Training individuell abzustimmen.

Ich kann also vor der Geburt, nach der Geburt und als ganz „normale“ Mutter mit euch trainieren? 

Jiske: Ja, wir haben drei Kurse: ein Schwangeren-Work-out, ein „Back in Shape“-Work-out und das „Mom in Shape“-Training. Alle Trainings finden draußen im Park statt. Man trifft sich einmal die Woche, egal wie das Wetter ist, und hat eine Stunde zusammen Spaß.

Wie ist das Training aufgebaut?

Marieke: Wir machen Cardio, zweimal im Block, dann Muskelaufbau und Stretching. Jeweils auf den Zustand und die Bedürfnisse der Trainingsgruppe abgestimmt.

Und die Babys sind immer dabei? 

Marieke: Ja. Die Kinderwagen stehen dann am Rand, die Babys schlafen meist noch und wir trainieren. Wir machen allerdings keine Übungen mit dem Kinderwagen. Wir konzentrieren uns ganz auf die Mütter.

Jiske: Samstags gibt es auch eine Stunde, die ganz ohne Kinder ist. Wir finden, am Wochenende können auch einmal die Papas auf die Babys aufpassen. Den Müttern kommt das entgegen, denn sie können sich dann beim Training ganz auf sich und ihren Körper konzentrieren. Das tut ihnen sehr gut.

Die Gruppen trainieren immer draußen?

Jiske: Ja, das klappt sehr gut. Die Schwangeren sind übrigens am zuverlässigsten, was die Trainingseinheiten betrifft. Sie lassen nur sehr, sehr selten eine Stunde ausfallen.

Wie merke ich nach der Geburt, dass ich wieder normal trainieren kann?

Marieke: Die meisten Frauen kommen sechs Wochen nach der Geburt wieder zu uns und fangen sanft an. Aber es ist wirklich von Frau zu Frau verschieden, wie schnell sie wieder voll trainieren kann. Meistens dauert es so ungefähr drei Monate, nach der Geburt gerechnet. Wer einen Kaiserschnitt hatte, wartet vielleicht ein bisschen länger.

Jiske: Sobald sie ohne Beschwerden explosiv rennen oder springen können, sind die Frauen dann auch wieder bereit für die Gruppe „Mom in Shape“, die ganz normal trainiert.

Woran merkt man das genau? Dass der Beckenboden wieder fest ist?

Marieke: Ja, das ist schon ein gutes Zeichen. Wenn es noch nicht so weit ist, fühlt man gerade dort eine Art Schwere. Man verspürt ein Drücken im Unterleib und kann vielleicht auch beim Springen das Wasser noch nicht so richtig halten.

Ihr sprecht über dieses Tabuthema, als sei es etwas ganz Alltägliches …

Jiske: Vielleicht sind wir da etwas offener, weil wir beide aus den Niederlanden kommen. Wir fragen da wirklich sehr genau nach, denn für uns ist das ein wichtiges Thema nach der Geburt. Aber wir merken auch, dass gerade diese Offenheit bei unseren Teilnehmerinnen gut ankommt. Eigentlich sind viele erleichtert darüber, dass wir nachfragen. Und mal ehrlich: Es ist ja auch ganz normal. Und es ist natürlich wichtig für die Übungen.

Marieke: Es kann auch an der Gruppe liegen, in der die Frauen sich wohlfühlen. Letzlich merken sie: Es geht allen so. Es ist etwas ganz Natürliches.

Kriegt man den Beckenboden mit Sport wieder hin – auch später?

Jiske: Ja. Aber auch das ist individuell verschieden. Nicht immer erholt sich der Beckenboden zu hundert Prozent wieder. Es kann stets sein, dass man bei hoher Intensität der Übungen noch etwas Schwierigkeiten hat. Wichtig ist, dass die muskuläre Basis nach der Geburt wieder aufgebaut und gestärkt wird. Dann kann die Gebärmutter sich auch nicht so leicht absenken und zum Beispiel auf die Blase drücken.

Marieke: Wir trainieren das ganz gezielt mit den Frauen. Aber wenn jemand größere Probleme damit hat, empfehlen wir ein spezielles Beckenboden-Institut.

Dafür gibt es Crunches?

Jiske: Nein, wir halten nicht so viel von Crunches. Sie sind nicht gut für die Rückbildung der Bauchmuskelplatten, die bei Schwangeren und Gebärenden ja einen Spalt auf­weisen. Es gibt andere Übungen, die die Bauchmuskeln viel wirkungsvoller und weniger extrem stärken. Diesen Spalt sieht man jetzt ja auch öfter in verschiedenen Sport-Blogs. Beim Kinderkriegen ist er normal, aber eigentlich ist er ein Zeichen dafür, dass die Bauchmuskeln nicht richtig trainiert wurden. Der Spalt ist nicht natürlich, sondern kommt durch ein Übertrainiertsein. Darum verzichten wir auf Crunches. Da gibt es wirklich bessere Übungen, um die Bauchmuskelstränge wieder zusammenzubringen, die keine Schäden hinterlassen.

 

Aufmacherbild: Shutterstock; Portrait @lunamum

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