Blessingway – Zeremonie als Vorbereitung auf die Geburt

Blessingway – Zeremonie als Vorbereitung auf die Geburt

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Sofia Vittoria Nanni

Die Vorfreude auf das Baby ist groß, und viele Schwangere wünschen sich eine Feier mit Freundinnen, bevor das Baby kommt. Eine Babyshower ist natürlich eine Möglichkeit, als geschenkefreie Alternative bietet sich ein Blessingway an. Ihr wisst nicht, was das ist? Lili Gutsche ist Blessingway-Leiterin und erklärt uns hier, worum es dabei geht.

Liebe Frau Gutsche, sie sind Blessingway-Ritualleiterin. Können Sie bitte uns zuerst erklären, was genau man unter Blessingway versteht?

Ein Blessingway Ritual ist eine besondere Art von Zeremonie, die ihren Ursprung bei den Navajo-Ureinwohnern hat. Es ist eine andere Art einer Babyparty, bei der nicht das Baby im Fokus steht, sondern die schwangere Frau. Die werdende Mutter wird dabei von ihren engsten Freundinnen und weiblichen Familienmitgliedern für die anstehende Geburt bestärkt und gefeiert. Oft nutze ich in dem Zusammenhang das Wort „Empowerment“. Es beschreibt, wie wertschätzend diese Zeremonie ist und wie viel Verbundenheit und Power zwischen den Frauen entsteht. Typischerweise wird die Zeremonie von einer erfahrenen Leiterin begleitet. Sie führt durch die unterschiedlichen Rituale und gibt so der Zeremonie einen Rahmen. Oft wird das Blessingway sehr spirituell oder esoterisch gesehen. Ich verstehe nicht unbedingt warum, denn ich finde es in erster Linie sehr persönlich, verbindend und bekräftigend!

Könnten Sie kurz beschreiben, wie ein Blessingway-Ritual aussieht?

Die Schwangere kommt zusammen mit ihren engsten Freundinnen und weiblichen Familienmitgliedern. Alle setzen sich in einen Kreis, wobei die schwangere Frau ein wenig erhoben sitzen darf, weil sie die Königin des Frauenkreises darstellt. In der Kreismitte sind Kerzen und Blumen dekoriert. Im Hintergrund läuft vielleicht ein wenig beruhigende Musik.

Ich beginne dann oft mit dem Ritual „das rote Band“: Ein roter Wollknäul wird im Kreis oder kreuz und quer herumgegeben. Jede Frau, die den Knäul in der Hand hält berichtet dann zum Beispiel, woher sie die Schwangere kennt und was sie mit ihr verbindet. Ein Stück des Fadens wickelt sie sich um die Hand, und gibt dann das Knäuel weiter. Danach schneidet die schwangere Frau den roten Faden bei jeder Teilnehmerin so durch, dass die Teilnehmerinnen noch ein rotes Band am Handgelenk tragen. Dieses Band wird bis zur Geburt getragen. Da dieses Ritual meist sehr emotional ist, lasse ich darauf ein etwas weniger gefühlsmäßiges Ritual folgen, zum Beispiel lasse ich alle gemeinsam eine  Blumenkrone anfertigen. Diese Krone trägt die Schwangere während der Zeremonie, um ihre besondere Rolle zu verdeutlichen. Es könnte aber auch ein anderes Ritual wie die „Geburtskerze“ oder „Belly painting“ an dieser Stelle durchgeführt werden. Die Schwangere kann im Vorfeld aus einem Angebot an Ritualen die auswählen, die zu ihr am besten passen. Danach folgt wieder ein etwas emotionaleres Ritual. Eins meiner Favoriten ist hier die Geburtskette oder das Geburtsarmband: Jede Teilnehmerin darf nacheinander eine Perle auf ein Band auffädeln, und spricht dabei einen Wunsch für die Schwangere aus. So entsteht ein Armband voll mit Perlen, die für Wünsche für die Geburt stehen. Die Schwangere trägt dieses Armband bis zur Geburt. Unter der Geburt kann sie sich an all die Wünsche erinnern und dies als Motivator nutzen. All ihre Liebsten sind somit unter der Geburt symbolisch mit dabei!


Nach diesen drei Ritualen kann bereits mit einem letzten Ritual ein Ende der Zeremonie gesetzt werden. Gerne nutze ich hierfür die Klangschale. Jede Teilnehmerin soll der Schwangeren sagen, was sie an ihr wertschätzt. Danach schlägt sie die Schale an und lässt den Ton ausklingen. Die Schwangere hat Zeit ein wertvolles Kompliment anzunehmen und Inne zu halten. Der Ton ist hier ein wunderbarer „Platzhalter“, um nicht durch diese Runde der Wertschätzung zu hetzen.

Dies ist eine von sehr vielen Varianten, wie ein Blessingway aussehen könnte. Es gibt noch viel mehr Rituale, die hinzugefügt oder ersetzt werden könnten. Das kann ganz individuell kombiniert werden.

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Wo findet das Ritual in der Regel statt?

Der Ort ist abhängig von der Anzahl der Teilnehmerinnen und den Möglichkeiten. Meistens werden private Räumlichkeiten gewählt, die Wohnung der Schwangeren oder die der Freundin. Es ist aber auch möglich ein Blessingway in der Natur stattfinden zu lassen – in einem Park, im Garten oder auf einem Feld. Gerne wird für ein Blessingway auch ein Raum gemietet, in dem Platz für alle Teilnehmerinnen ist. Der Raum wird dann entsprechend dem Ritual dekoriert und vorbereitet.

Wird es in einer Sitzung durchgeführt oder kann es vor der Entbindung mehrmals wiederholt werden?

Ein Blessingway wird einmalig im letzten Trimester der Schwangerschaft durchgeführt. Ich führe es gerne in der Zeit des Mutterschutzes, also ab 6 Wochen vor der Geburt durch. Es kann unterschiedlich lang sein. Das hängt von den Vorstellungen der schwangeren Frau ab. Welche Rituale möchte sie bei der Zeremonie haben und wie viele Frauen sind mit dabei…

Kann eine Meditation auch Teil eines Blessingway sein?

Das Ritual kann auch mit Meditationen kombiniert werden – es muss natürlich zur Schwangeren und auch zum Kreis der Teilnehmerinnen passen. Ich finde es wichtig zu erwähnen, dass ein Blessingway immer genau so spirituell ist, wie die schwangere Frau es sich wünscht, ja vielleicht sogar genau so spirituell wie die schwangere Frau selber ist. Das Ziel sollte sein, dass sie sich wohl fühlt und die Zeremonie genießen kann. Da ist es schwer, wenn viele Elemente vorkommen, mit denen sich die Frau nicht identifizieren kann.
Sollten Meditationen gewünscht sein, könnte zum Beispiel am Anfang eines Blessingways ein kleines Checkup stattfinden, bei dem die Teilnehmerinnen die Möglichkeit haben, die Ankunft, den Weg zur Zeremonie hinter sich zu lassen und im Kreise der Frauen anzukommen. Das Checkup ist hier eher eine kleine Traumreise, um bei sich anzukommen und bereit für die Zeremonie zu sein.

In Deutschland hört man immer noch nicht viel über Blessingway. Könnten Sie uns dann einen Rat geben, wie wir uns dieser Praxis am besten nähern können?

Im Grunde genommen gibt es im Internet schon viele Informationen darüber. Wichtig ist natürlich herauszubekommen, wer solche Blessingways leiten kann und wie diese Person kontaktiert werden kann. Ich bin der Meinung, dass in zwei, drei Jahren die Lage schon ganz anders aussehen wird. Es wird viel mehr RitualleiterInnen geben. Oft wird bei Doula-Ausbildungen über diese Zeremonie aufgeklärt und gelehrt, wie ein solches Blessingway geleitet werden kann. Auch diese Berufsgruppe bekommt im Gegensatz zu vor 5 Jahren im Moment ein größeres Ansehen in unserer Gesellschaft. Von daher sollte jeder mutig sein, nach einer Ritualleiterin im Internet zu suchen. Wer fragen dazu hat, kann mich gerne kontaktieren, denn ich trage den Herzenswunsch in mir, dass jede Frau die Möglichkeit haben sollte, dieses so wertschätzende Ritual in ihrer Schwangerschaft erleben zu dürfen! Somit freue ich mich über E-Mails und Follower bei Instagram, weil ich dort versuche Aufklärung zu schaffen und die Leute über das Blessingway zu informieren.

Im Mittelpunkt des Blessingways stehen die werdende Mutter und deren Gefühle. Wie wichtig ist es Ihrer Meinung nach für die Geburtsvorbereitung, den eigenen Körper und seine Kräfte bewusst wahrzunehmen?

Ich glaube in der Gesellschaft wird viel Negatives über Geburten berichtet, viel Schmerz mit dem Thema Geburt in Verbindung gebracht und somit ganz viel in den Köpfen der werdenden Eltern verschoben und kaputt gemacht. Durch ein Blessingway wird die Frau bestärkt und ihr wird Zuversicht geschenkt, sie wird motiviert und kann sich auf die Geburt, auf das was auf sie wartet, freuen. Sie kommt ins Vertrauen. Im Vertrauen mit sich und seinem Körper zu sein schenkt einem Gelassenheit, Ruhe und Entspannung. Eigenschaften, die sehr nützlich für anstehende Geburten sind. Somit bin ich überzeugt davon, dass es sich nur positiv auf die Geburt ausüben kann, wenn die Frau Vertrauen in ihren Körper hat. Die Natur hat vieles gut angelegt und dazu gehört auch, der weibliche Körper in Hinblick auf die Geburt!

Der Blessingway ist eine Feier unter Frauen. Wie wichtig ist Ihrer Meinung nach das Empowerment der Frauen heute in Bezug auf das Thema Geburt?

Empowerment der Frauen ist bestärkend für die Geburt. Bestärkung ist in der eher negativ geprägten Welt bzgl. Geburten etwas sehr wertvolles. Die Zuversicht etwas zu schaffen, was andere auch schon geschafft haben motiviert und bekräftigt. So schaffen es die Frauen, verbunden miteinander, unter der Geburt besser durchzuhalten und motiviert zu bleiben.
Da die Frage nach dem Empowerment der Frauen „heute“ war, möchte ich dazu sagen, dass früher eher die weiblichen Familienmitglieder bei der Geburt dabei waren und somit das Thema „Geburt“ zum leben dazugehörte. Es wurde darüber geredet, sich unterstützt und ja, sogar begleitet. Das ist mittlerweile nicht der Standard und deshalb ist es sehr wertvoll, wenn durch ein Blessingway die Möglichkeit des Empowerments der Frau stattfinden kann, wenn es schon nicht mehr im „natürlichen Rahmen“ möglich ist.

Wem würden Sie eine Blessingway-Sitzung empfehlen?

Allen Frauen, die schwanger sind und bekräftigt und verbunden in die Geburt gehen wollen. Ich möchte hier nicht die Kaiserschnittgeburten ausnehmen, denn auch bei einem geplanten Kaiserschnitt darf Nervosität und Ungewissheit aufkommen, die durch die Bekräftigung und Segenswünsche und nicht zu vergessen die Verbundenheit zu den liebsten Frauen, vielleicht ein wenig aufgefangen werden kann.

Vielen Dank für das Interview!

Hier erfahrt ihr mehr über Lilli Gutsche:
@liligutschegeborgen
liligutsche.de

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