Bonding: So entsteht eine enge Beziehung zum Baby auch ohne Stillen
Bonding funktioniert nur beim Stillen? Ein Mythos. Auch beim Füttern mit Fläschchen ist viel Raum für Nähe und Zweisamkeit, die das Band zwischen Eltern und Baby stärken.
Rund ums Thema Bonding gibt es vieles, was Eltern verunsichern kann. Vor allem dann, wenn das Baby – aus welchen Gründen auch immer – nicht oder nur kurz gestillt wird. Dabei lässt sich auch beim Füttern mit dem Fläschchen das zarte Band zwischen Eltern und Baby knüpfen. Wichtig für eine innige Beziehung sind am Ende viele Faktoren.
Woher kommt der Begriff Bonding?
Der Kinderpsychiater und Psychoanalytiker John Bowlby prägte den Begriff „Bonding“ als erster. Er forschte bereits in den 1940er Jahren dazu, wie sich eine frühe Trennung von den Eltern auf die Kinder auswirken kann. Er verfasste dazu später die Werke „Bindung“ (1969), „Trennung“ (1973) und „Verlust“ (1980). Bolwby gilt als Begründer der modernen Bindungstheorie.
Ein entspanntes Umfeld fördert den „körperlichen Dialog“
Ob du nun von Anfang an mit Fläschchen fütterst oder erst nach dem Abstillen – beides tut der engen Beziehung zu deinem Baby keinen Abbruch. Damit beim Füttern trotzdem emotionale Nähe entstehen kann, braucht es vor allem eine entspannte Umgebung. Nimm dir also bewusst die Zeit, dich gemütlich hinzusetzen und in eine Position zu bringen, in der du länger entspannt sitzen oder liegen kannst. Ein Stillkissen ist dafür eine gute Unterstützung. Stell dir auch etwas zu trinken in Reichweite. Jetzt kannst du dich beim Fläschchengeben ganz auf dein Baby einlassen, es beobachten und in einen „körperlichen Dialog“ mit ihm treten, der durch die Nähe und den Blickkontakt entsteht.
So wichtig ist der Blickkontakt beim Füttern
Babys können anfangs nur in einem bestimmten Abstand scharf sehen. Geh‘ also beim Füttern ruhig auf 20 bis 25 Zentimeter an das süße kleine Gesicht heran. Die meisten Eltern machen das übrigens auch ohne Anleitung instinktiv richtig. Schon nach kurzer Zeit wird dein Baby dich beim Trinken ansehen, deinen Blick suchen und mit der „stillen“ Kommunikation beginnen.
Körperliche Nähe bestärkt das Urvertrauen
Nirgendwo ist es für Babys schöner, als in Mamas oder Papas Armen zu kuscheln. Nach dem Fläschchen und dem Bäuerchen darf das Kleine also ruhig noch ein wenig die Geborgenheit genießen, ganz ohne Stress. Es hört deine Stimme, spürt deinen Herzschlag … All das vermittelt Sicherheit und stärkt das Urvertrauen deines Kindes das ihm sagt, hier kann es entspannen.
Hautkontakt wann immer es geht
Die Extraportion Hautkontakt, die Stillkinder ganz automatisch und mehrmals am Tag bekommen, kann man beim Baden, beim Wickeln oder morgens im Bett beim Kuscheln nachholen. Im Sommer, wenn du kurzärmelige T-Shirts oder ausgeschnittene Kleider trägst, bekommt das Baby sowieso viel direkten Hautkontakt. Im Winter oder an kälteren Tagen sind sanfte Babymassagen eine schöne Möglichkeit, das Kleine die intensive Nähe spüren zu lassen. Auch wenn du dein Baby in einer Babytrage „transportierst“, stärkt dies das Bonding zusätzlich.
Füttern ohne Beschränkung
Auch beim Fläschchen bestimmt das Baby die Essenszeiten. Pre-Nahrung kannst du ganz nach den Bedürfnissen des Säuglings, also in vielen kleinen Portionen, wie Muttermilch geben. Je nachdem, wie das Hungergefühl deines Babys ist, wird es mal mehr, mal weniger Appetit haben. Wichtig für den Säugling ist jedoch, dass seine Bedürfnisse erkannt und schnell befriedigt werden. Das stärkt sein Grundvertrauen und ist eine wichtige Basis für eure Beziehung.
Bonding kennt kein Zeitfenster
Es stricken sich viele Mythen um das Thema „Bonding“. Vor allem, weil immer wieder betont wird, dass die ersten Stunden nach der Geburt für die Beziehung zwischen Eltern und Kind eine sehr sensible und prägende Phase sind. Tatsächlich ist das Neugeborene dann besonders wach und aufmerksam, Eltern und Baby können sich das erste Mal in Ruhe ansehen und kennen lernen. Doch es wäre falsch, dies als das einzige oder das wichtigste Zeitfenster zu begreifen. Bonding ist ein Prozess, der Zeit braucht und von vielen gemeinsamen Erfahrungen und Erlebnissen geprägt wird. Gerade Mütter die mit einem Kaiserschnitt geboren haben und das Baby darum erst später oder nur kurz sehen und knuddeln konnten, wird das beruhigen.
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