Babytragen: So tragt ihr euer Baby ergonomisch korrekt

Babytragen: So tragt ihr euer Baby ergonomisch korrekt

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Rebekka Rein

Schiebt ihr noch oder tragt ihr schon? Baby Carrier sind eine beliebte Alternative zum Kinderwagen, da sie Eltern mehr Bewegungsfreiheit geben und die meisten Kleinen den Kuschelmodus lieben. Doch nicht für jeden ist das Tragen die beste Lösung. Wir informieren hier über die Vor- und Nachteile von Babytragen.

Babytragen: Ergonomisch korrekt tragen laut Kinderorthopäde

Ob in den sozialen Medien oder im Supermarkt: Wer sein Kind trägt, erntet oft belehrende Kommentare von anderen Müttern. Wir haben bei einem Kinderorthopäden nachgefragt, wie Eltern ihre Babys ergonomisch korrekt tragen können:

mum: Ab welchem Alter können Säuglinge in Tragen oder Tüchern getragen werden?

Prof. Rödl: Säuglinge können quasi ab Geburt in Tragen oder Tüchern getragen werden. Entscheidend ist, dass sie der entsprechenden Größe bzw. Kleinheit des Säuglings angepasst werden können. Dabei ist nicht nur die Körpergröße des Kindes zu berücksichtigen, sondern auch, dass der Säugling unter 6 Monaten keine richtige Kopfkontrolle hat. Hier muss entsprechend der Kopf unterstützt werden. Daneben müssen Zwangshaltungen vermieden werden.

Welche Produkte eignen sich am besten für Neugeborene?

Bei Neugeborenen ist insbesondere darauf zu achten, dass die Tragen oder Tücher so gearbeitet sind, dass der Kopf unterstützt wird und die Beine nicht in den Hüften gestreckt werden. Die Beine sollten in den Hüften gebeugt und eher leicht abgespreizt gehalten werden, quasi ähnlich der Position, die das Kind im Mutterleib hatte. Ein zu frühes Strecken der Hüften kann zur Ausbildung einer Hüftdysplasie (Fehlentwicklung der Hüfte) führen. Prinzipiell sind alle Produkte, die diese Regeln einhalten, geeignet, eine spezielle produkt-spezifische Empfehlung kann und sollte ich auch nicht geben.

Sind aus orthopädischer Sicht Tücher oder Tragehilfen besser für das Kind?

Aus orthopädischer Sicht ist nicht das Produkt entscheidend, sondern die Stellung, die das Kind in der Trage oder dem Tuch hat. Interessant ist aber auch die Handhabungsmöglichkeit von Tüchern oder Tragen. Tragen sind mit Gurten ausgerüstet, die definiert angelegt werden. Tücher müssen nach Anleitung gebunden werden, was manchmal schwierig ist. Auch muss hier die Mutter darauf achten, dass die Beinchen im Tragetuch in der korrekten Position sind, die Babytragen versuchen, die korrekte Hüftstellung durch ihre Ausformung zu erreichen.
Daneben gibt es als Mittelding sogenannte Mei-Tai’s, die ein Zwischending aus Trage und Tuch sein wollen. Das bedeutet, sie sind weniger kompliziert anzulegen, aber etwas elastischer als die Tragen. Unabhängig vom gewählten Modell ist für das Kind im ersten halben Jahr entscheidend, dass die Hüften in einer gebeugten Position sind.

Wie lange sollten Babys in den Tüchern und Tragen bleiben? Ist zu langes Tragen schädlich?

Es gibt keine Untersuchung, die überprüft hätte, ob Babys auf lange Sicht in Abhängigkeit von der Dauer im Tragetuch Nachteile erleiden. Kinderärztliche Untersuchungen konnten nachweisen, dass Kinder, die in Tragetüchern oder Tragen am Körper getragen werden, deutlich weniger schreien als Kinder, bei denen das nicht der Fall ist.
Hinsichtlich der Tragedauer ist es auch so, dass natürlich das Kind eine Gewichtsbelastung für die Mutter oder den Vater darstellt. Es wird sehr selten vorkommen, dass Kinder länger als 4 Stunden am Stück getragen werden, was letztendlich ja auch eine entsprechende Belastung ist. Das Kind wird außerdem Unmut äußern, also schreien, wenn es nicht mehr getragen werden möchte. Eine definierte Obergrenze gibt es also nicht.

Welche gesundheitlichen Schäden drohen durch falsches Tragen?

Gesundheitliche Schäden sind aus orthopädischer Sicht nur im Bereich einer mangelnden Kopfunterstützung bei noch fehlender Kopfkontrolle möglich, des Weiteren, wie bereits schon gesagt, fehlender Hüftbeugung. Insbesondere in den ersten 6 Monaten kann die Hüftreifung ungünstig beeinflusst werden, was später zu einer Hüftdysplasie führen kann.

Man hört immer wieder, einige Tragen schaden der Gesundheit des Babys. Gibt es wirklich noch moderne Tragen, die kein ergonomisches Tragen erlauben?

Es gibt unzählige Tragen auf dem Markt. Wenn ich mir hier die Fotos anschaue, finde ich durchaus Tragen, in denen weiterhin die Hüftgelenke in Streckung gehalten werden. Dies liegt dann unter anderem auch daran, dass die Trage nicht passend ist, beispielsweise ist der Sitzsteg zu schmal. Es ist also nicht nur die Trage selbst, sondern auch die Größe der Trage von Bedeutung, wie auch die korrekte Anlage eines Tragetuchs. Entscheidend ist nach wie vor die Position der Hüftgelenke, die in Beugung und leichter Abspreizung sein sollten. Dies kann im Grunde jede Mutter und jeder Vater selbst beurteilen.

Gibt es Siegel, an denen Eltern gute Tragen erkennen können?

Leider gibt es keine spezielle Regel, an der Eltern eine gute Trage erkennen können. Es reicht das normale CE-Zeichen. Das CE-Zeichen sagt jedoch nichts aus über die Ergonomie einer Trage. Mein Rat wäre, eine Trage oder ein Tragetuch immer im Geschäft Probe zu tragen. Hier kann man sofort erkennen, ob man mit der Handhabung zurechtkommt, die Hüften in korrekter Stellung sind, die Größe passt und auch das Tragegefühl angenehm ist.

Immer mehr Tragen ermöglichen nicht nur das Tragen Bauch an Bauch, sondern auch auf dem Rücken, auf der Hüfte oder vor dem Bauch mit dem Blick nach vorne. Sind diese Positionen aus Ihrer Sicht unbedenklich?

Von den vielen verschiedenen Tragepositionen ist sicherlich die Trageposition Bauch an Bauch und Bauch auf Hüfte am optimalsten. Hier wird das Kind am besten gestützt. Ergonomisch wird dies auch als angenehm empfunden. Des Weiteren haben die Mutter oder der Vater das Kind gut im Blick. Ein Tragen auf dem Rücken oder auf dem Bauch mit Blick nach vorne ist sicherlich erst sinnvoll, wenn das Kind älter ist und anfängt, die Umgebung erkunden zu wollen.
Mit anderen Worten, das Kind sollte in den ersten sechs Monaten auf alle Fälle auf Bauch an Bauch oder Bauch auf Hüfte getragen werden. Erst ab diesem Zeitpunkt sollte man mit den anderen Positionen experimentieren. Ist das Kind älter, ist natürlich das Tragen auf dem Rücken eine gute Möglichkeit. Dies sollte jedoch nicht vor dem sechsten Lebensmonat, besser erst ab einem Jahr erfolgen.

Zur Person
Professor Dr. med. Robert Rödl ist Chefarzt für Kinderorthopädie, Deformitätenrekonstruktion und Fußchirurgie am Universitätsklinikum Münster.

Vorteile von Babytragen

In einer Tragehilfe hat das Kleine engen Körperkontakt zu Mama oder Papa. Die meisten Minis mögen diese Nähe, sie wirkt beruhigend und stärkt die Bindung zu den Eltern. Diese sind mit Carrier im Alltag flexibler, da sie beide Hände frei haben. Da man mit Trage besser durch enge Gänge kommt und nicht auf Aufzüge angewiesen ist, sind ein Stadtbummel oder ein Besuch im Supermarkt so einfacher zu bewältigen als mit einem sperrigen Kinderwagen. Für den Carrier spricht auch, dass er klein und platzsparend ist und so besser verstaut und überallhin mitgenommen werden kann.

Nachteile von Babytragen

Auch wenn man mit Trage beide Hände frei hat, ist ein zusätzlicher Transport von etwa Einkäufen oder einer größeren Wickeltasche sehr beschwerlich. Mit einem Kinderwagen, der in der Regel immer einen Stauraum bietet, ist man hier besser beraten. Auch wenn das Baby älter wird und an Gewicht zunimmt, kann die Last recht beschwerlich werden. Lange Tragezeiten sind für beide Seiten unangenehm, auf Auflügen eine Babytrage und einen inderwagen dabei zu haben ist sinnvoll. Im Sommer ist der enge Kontakt oft unangenehm: Eltern und Kind heizen sich gegenseitig noch mehr auf. Für Luftzirkulation sorgen Tragen aus Meshgewebe. Aber keine Angst – euer Kind wird in der Trage nicht überhitzen.


Fazit: Die korrekte Haltung in der Babytrage ist wichtig

Oberstes Gebot ist, dass Babys Beine immer rechtwinklig angehockt sind. Diese sogenannte Anhock-Spreiz-Haltung beugt Hüftschäden beim Baby vor. Tragehilfen unterstützen diese Position, wenn sie einen breiten, verstellbaren Steg haben. Reicht dieser dem Baby von Kniekehle zu Kniekehle, entsteht ein Rundrücken, der verhindert, dass das Körpergewicht auf den Hüftköpfen lastet.

Das Baby sollte in den ersten Monaten ausschließlich vor dem Bauch mit Blick zum Körper getragen werden. Diese Variante ist für seine Haltung am besten. Außerdem ist das Kind nicht so vielen Reizen ausgesetzt, wie wenn es mit dem Blick nach vorne getragen wird. Erst wenn das Baby älter als sechs Monate ist, kann es für kurze Zeit mit Blick nach vorne getragen werden um die Welt zu erkunden.

Egal, ob ihr euch für ein Tragetuch oder für einen Carrier entscheidet: Richtiges Tragen will gelernt sein und erfordert anfangs viel Geduld. Tragetücher sind in der Handhabung meist komplizierter als Carrier, da die richtige Wickeltechnik erst erlernt werden muss. Es gibt spezielle Tragekurse, in denen ihr die Handhabung eines Tragetuchs lernen könnt.

Fotos: Gettyimages

Bildquelle: Getty

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