Vorbeugen gegen Dammriss: Das rät die Hebamme

Vorbeugen gegen Dammriss: Das rät die Hebamme

Manchmal kommt es bei der Geburt zu einem Dammriss oder einem Dammschnitt. Wie man vorbeugen kann und welche Pflegetipps es im Worst-case gibt verrät und die Hebamme Kerstin Lüking.

Viele Frauen wissen gar nicht genau, wo der Damm eigentlich liegt. Dabei ist er ein wichtiger Teil des Beckenbodens. Der kleine Bereich zwischen Scheide und Anus spielt für die Beckenbodenmuskulatur eine wichtige Rolle. Das Gewebe ist extrem dehnbar und im letzten Schwangerschaftsdrittel wird es außerdem durch die Ausschüttung spezieller Hormone noch „weicher“, um die Geburt zu erleichtern.

Trotzdem kann es während des Geburtsvorgangs zu Verletzungen des Damms kommen, dem sogenannten Dammriss. Wenn der Kopf des Kindes oder die Schultern geboren werden, kann es passieren, das Gewebe einreißt.

Wir haben die Hebamme Kerstin Lüking gefragt, wie man den Damm „fit“ für die Geburt machen kann, wie man Verletzungen vermeiden kann und was man bei der Pflege eines Dammrisses oder eines Dammschnitts beachten muss, damit er ohne Probleme und möglichst schnell wieder abheilt.

Wie bereite ich den Damm auf die Geburt vor? 

Es gibt einige Dinge, die man tatsächlich machen kann, um den Damm auf die Geburt vorzubereiten.

Dammmassage

Eine klassische Vorbereitung ist die Dammmassage. Ab der 36./37. Schwangerschaftswoche wird der Damm dabei unter Einsatz der eigenen Finger gedehnt. Zunächst führt man einen Finger in die Vagina ein und zieht den Damm vorsichtig in Richtung Anus und bewegt dabei den Finger leicht von rechts nach links. Diese Massage wird aber von den meisten Frauen nicht als angenehm empfunden. Der Einsatz Vitamin E-haltigen Öls kann die Wirkung verstärken, und die Massage angenehmer machen. Es gibt spezielle Damm-Massageöle, aber auch ein Weizenkeimöl ist empfehlenswert. Einen guten Effekt erzielt man, wenn die Massage alle zwei Tage durchgeführt wird. Merkt die werdende Mama, dass das Gewebe schon weicher wird, können auch zwei oder drei Finger in die Vagina eingeführt werden. Bei Frauen mit einem straffen Bindegewebe, z.B. Sportlerinnen, kann diese Massage durchaus Sinn machen.

Heublumen Dampfbad oder Sitzbad

Viel angenehmer empfinden viele Frauen Heublumen-Dampfbäder. Sie machen das Gewebe geschmeidig, aber auf sanfte Art. Auch für den strapazierten Beckenboden ist solch ein Dampfbad eine Wohltat. Für die Herstellung eines Dampfbads gibt man zwei Esslöffel voll Heublumen in eine Schüssel und gießt diese mit heißem Wasser auf. 
Die Schüssel stellt man am besten in die Toilette, setzt sich dann auf diese und umwickelt seinen Unterleib mit einem großen Handtuch. Der Damm bekommt so ein Dampfbad für ungefähr 10 Minuten, wobei das Gewebe weich wird. Man kann das Heublumenbad auch als Sitzbad in der Badewanne anwenden, auch dieses lockert das Gewebe. Einmal die Woche sollte es durchgeführt werden. 

Ab wann kann man diese Anwendungen durchführen?

Grundsätzlich sollten alle diese Maßnahmen erst drei bis vier Wochen vor der Geburt angewendet werden, da dadurch auch Wehen ausgelöst werden können. Die Anwendung eines „Dehnungs-Ballons“ empfehle ich nicht unbedingt, da ich dabei genau diesen Effekt, also das Auslösen von vorzeitigen Wehen, beobachtet habe.

Maßnahmen während der Geburt

Während der Geburt werden oft warme Kompressen eingesetzt, die die Muskulatur geschmeidiger machen. Außerdem ist es wichtig, nicht zu schnell und fest zu pressen, sondern in dem natürlichen Tempo, welches der Körper vorgibt. So kann der Geburtskanal optimal gedehnt werden. 

Wenn es doch zum Unvermeidlichen kommt: Was verheilt in der Regel besser: Dammriss oder Dammschnitt?

Ein Dammriss verheilt in der Tat immer besser. Grundsätzlich sind gerade deswegen Hebammen immer eher für die Variante „Reißen“, da weniger Muskulatur und Nervengewebe involviert sind. Ein Dammriss ersten oder zweiten Grades verheilt recht schnell. Die Problematik besteht allerdings darin, dass man nie weiß, wohin und wie stark das Gewebe einreißt. Der schlimmste Fall wäre eine Verletzung, die bis in den After-Schließmuskel hineinreicht. Diese Verletzungen höheren Grades können eine Stuhlinkontinenz nach sich ziehen. Um solche diffusen Rissverletzungen mit unüberschaubarer Folge zu vermeiden, ist der Schnitt immer noch das „Mittel der Wahl“. Aber er wird nach Möglichkeit nur noch selten angewendet. Leider ist die Variante eines Dammschnitts nach der Geburt schmerzhafter, da das Sitzen unangenehm ist. Mit einer guten Pflege und Schonung kann man aber nach ungefähr einer Woche schon wieder eine Besserung spüren.

Was muss man nach einer Dammverletzung beachten und wie kann man einen Dammriss behandeln?

Das A und O heißt: Entlastung und Pflege! Auf jeden Fall sollte man schweres Heben (>5kg) und langes Sitzen vermeiden. Gerade in der ersten Woche nach der Geburt sollte man sich noch häufig ausruhen, die Beine hoch- und übereinanderlegen. Durch das Übereinanderlegen können die Wundränder gut verkleben. Die Frauen empfinden kühlende Kompressen mit Calendula-Tinktur als sehr angenehm. Dazu werden Vorlagen mit der Tinktur durchtränkt und danach in einem sauberen Plastikbeutel ins Gefrierfach oder den Kühlschrank gelegt. Aber Achtung! Die Mama muss darauf achten, dass kein zu starkes Kältegefühl entsteht. Es sollte immer noch angenehm sein und die Vorlage darf nicht zu nah an der Harnröhren-Öffnung aufliegen. Zusätzlich können nach jedem Toiletten-Gang auch Spülungen mit Calendula-Tinktur oder Eichenrinden-Extrakt vorgenommen werden.
Übrigens: Nicht erschrecken, wenn ein juckendes Gefühl auftritt. Dies ist in der Regel kein Zeichen für einen Pilz-Befall, sondern eher ein gutes Zeichen für einen beginnenden Heilungsprozess.
Grundsätzlich empfehle ich auch jeder Mutter, sich einen Spiegel zu nehmen, um die Verletzung anzuschauen. Oftmals hat man nämlich eine ganz falsche Vorstellung von seinem Zustand „da unten“ und ist überrascht, dass eigentlich alles ganz normal aussieht. Sollten jedoch Rötungen, langanhaltende Schmerzen und eine klaffende Wunde zu sehen sein, sollte man die Hebamme oder einen Arzt um Rat bitten.

Dammriss Geburt


Wann kann man bei einem Dammriss oder Dammschnitt mit der Rückbildungsgymnastik beginnen ?

Leichte Beckenboden-Übungen kann man in der Tat schon einige Tage nach der Geburt durchführen. In der Regel zeigt die Hebamme oder eine Physiotherapeutin auf der Wochenbett-Station kleine Übungen, die zunächst dazu gedacht sind, dass man wieder ein Gefühl für den Beckenboden bekommt.
Je nachdem, wie die Konstitution der Frau ist, kann 6-8 Wochen nach der Geburt mit einem Sportprogramm begonnen werden. Grundsätzlich gilt auch hier: keine Gewichte heben und Sportarten mit einer starken Wucht nach unten vermeiden. Dazu zählen u.a.. Joggen, Tennis spielen, Trampolin springen.
Ich empfehle bei den Übungen eine gewisse Regelmäßigkeit. Durchhalten ist hier also der Weg zum Ziel. Nach einem achtwöchigem Kurs ist man noch lange nicht wieder „in shape“. Die Übungen muss man als Hausaufgabe mindestens alle 2 Tage für fünf Minuten turnen und sollte sich eigentlich auch ein Leben lang um seinen Beckenboden bemühen, der eine wichtige Haltefunktion für unsere inneren Organe darstellt.

Kümmere ich mich nach den Geburten nicht um den Beckenboden, wird mir spätestens in den Wechseljahren die Folge bewusst. Harninkontinenz und eine Verlust an Lebensqualität können dann nämlich die Folge sein. Die gute Nachricht beim Beckenbodentraining ist aber auch: Es ist nie zu spät anzufangen.

Ab wann ist Sex wieder erlaubt?

Zum Sex kann ich nur sagen: Macht doch einfach, wenn ihr Lust darauf habt! Die Frau muss aber „bereit dazu sein“. Sind noch Schmerzen da oder die Mutter hat das Gefühl, mit der Zustimmung zum Sex einfach nur dem Partner einen Gefallen zu tun, sind das keine guten Voraussetzungen, die einen lustvollen und entspannten „Akt der Liebe“ zulassen.
Deshalb sind hier Rücksichtnahme und vorsichtiges Herantasten sicherlich sinnvoll und ein Zeichen der Wertschätzung seines Gegenübers.

Zur Person

Kerstin Lüking arbeitet seit 21 Jahren als freiberufliche Hebamme und lebt in Berlin. Sie ist Mutter von sieben Kindern, Mitglied des Magazins „MutterKutter“ und schreibt Bücher.

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