Homestory Paris

Kinder und Kunst: Eine Atelierwohnung im Zentrum von Paris

FAMILIE, Interior, Menschen

Teure Kunst und ein Leben mit Kindern passen wunderbar zusammen. Es ist einfach alles eine Frage der Perspektive, wie man in dieser Pariser Atelierwohnung der Galeristin Amélie du Chalard sieht.

Text: Doris Barbier/ Fotos: Julie Toupance

Amélie du Chalard (33) lebt mit ihrem Mann Pier Paolo sowie Söhnchen Leone (ein Jahr) und Baby Tosca in einer lichtdurchflutenden zweistöckigen Altbauwohnung mit riesigen Atelierfenstern. Diese ist in einer ehemaligen Bibliothek im Zentrum von Paris untergebracht. Amélies Ziel ist, ihren Wohnort in ein Museum zu verwandeln. Mit zwei kleinen Kindern kann das schon zur Herausforderung werden.

Amélie du Chalard mit Baby Tosca im Wohnzimmer.

Einen Steinwurf entfernt liegt das ehemalige Künstlerviertel Montmartre, das strahlend weiße Dach der wie aus Zuckerguss geformten Basilika Sacré-Cœur lässt sich schon erahnen. „Ich habe nach einem atypischen Ort gesucht, um meine Kunstwerke in Szene zu setzen“, erzählt die Französin Amélie du Chalard. „Als ich die hohen weißen Wände sah, wusste ich sofort: Das ist sie, meine Traumwohnung! Hier werde ich alle meine geliebten Bilder unterbringen können.“ Man fragt sich, ob es an dem Glas frisch gepresstem Zitronensaft  (mit lauwarmem Wasser vermischt) liegt, das sie auf nüchternen Magen jeden Morgen zu sich nimmt, oder doch am Eisenkrauttee, den sie abends regelmäßig als Schlaftrunk genießt. Fest steht, dass Amélie eine Woche nach der Geburt strahlend schön und dynamisch mit Baby Tosca um den Bauch geschnallt die vormittägliche Siesta von Sohn Leone orchestriert und dabei Grapefruitsaft auspresst.

Wochenbett und schlaflose Nächte

„Ich hatte eine völlig problemlose Schwangerschaft, ohne Übelkeitsattacken oder bleierne Müdigkeit. Es war wieder eine Kaiserschnittgeburt, deshalb musste ich auch mit Tosca fast eine Woche im Krankenhaus bleiben“, seufzt sie, „aber ich liebe meinen Job so sehr, dass ich eigentlich gar nicht das Gefühl habe, zu arbeiten.“ Trotz Berufstätigkeit stillt sie, vor allem tagsüber, aber nicht voll. Amélie sieht das ziemlich locker und geht da gerne Kompromisse ein. „Stillen ist ein für mich komplizierter Prozess und auch technisch gar nicht so einfach. Oder vielleicht bin ich einfach nicht begabt. Wir geben Tosca auch hin und wieder ein Fläschchen. Ich möchte, dass mein Mann sich mit einbezogen fühlt und so gleich von Anfang an eine Beziehung zu seiner Tochter aufbauen kann. In der Nacht übernimmt oft er das Füttern, damit ich schlafen kann.“

Homestory Amelie

Leone darf trotz der vielen Kunstobjekte mit seinem Rutschauto herum fahren.

Die zur Zeit gefragteste Galeristin der Stadt, die so ziemlich alle herkömmlichen Codes in der Branche gesprengt hat, nimmt es jedenfalls pragmatisch. „Eigentlich komme ich aus der Finanzwelt und war als Beraterin für kleine und mittelständische Betriebe tätig. Doch die Kunst war in meinem Leben immer schon sehr präsent und auch meine große Leidenschaft. Deshalb war es dann eigentlich auch nur noch ein kleiner Schritt von der Konsultation ins Kunstbusiness. Heute berate ich eben Sammler und keine ,klassischen‘ Geschäftsleute mehr. Das finde ich einfach stimulierender.“

Vereint: Baby Tosca kommt mit in die Firma

Jeden zweiten Nachmittag ist sie nun wieder in ihrer Galerie in Saint-Germain-des-Prés anzutreffen, Baby Tosca ist immer mit dabei. „Ich kann mich einfach noch nicht von ihr trennen, und so kommen wir beide auf unsere Kosten“, lacht sie. „Tosca schläft ja ohnehin fast den ganzen Tag und ich kann in Ruhe meine Mitarbeiter briefen oder Kundentermine wahrnehmen.“ In ihrer stadtbekannten Galerie namens Amélie Maison d’Art am linken Seineufer von Paris stellt sie ihre ganz besonderen Lieblinge aus, die sie auf ihren zahlreichen Rundgängen durch Galerien entdeckt. Ihr innovatives Konzept, eine Galerie wie ein Wohnzimmer einzurichten, trägt heute schon Früchte. Das ist aber nicht ihr einziger Tätigkeitsbereich. Gleichzeitig tüftelt sie bereits an einem neuen Projekt, „Artist in Residence“, das sie an einem noch geheimen Ort in der südfranzösischen Provence aus der Taufe heben will.

Homestory Paris Amelie

Amélies Privatkollektion findet in den großzügigen Räumen viel Platz.

Es gleicht einem kleinen Wunder, wenn man ihre Wohnung mit der überdimensionalen Deckenhöhe, den Atelierfenstern aus Glas und der Metalltreppe betritt. Kunstwerke und hochwertige Designermöbel sind hier omnipräsent: Amélies Privatkollektion an den nicht enden wollenden, weißen, neun Meter hohen Wänden, am Coffeetable, in der offenen Wohnküche. Auf der langen Bank unter den Fenstern stapeln sich Kunstbände zwischen Kunstobjekten, Miniskulpturen und Vasen aus Keramik.

Familienleben inmitten von Kunstobjekten

„Bei Kindern funktioniert doch alles durch Nachahmen, sie imitieren die Erwachsenen und machen alles nach, was man ihnen zeigt. Wir Eltern müssen eben mit gutem Beispiel vorangehen und ihnen vorleben, wie man sich verhalten soll. Natürlich musste ich Leone noch vor ein paar Monaten andauernd ,Pass auf!‘ zurufen, wenn er irgendwo an einem Keramikkrug oder einem Bild ankam. Das war natürlich ein bisschen penibel und teilweise frustrierend, auch für uns. Diese Phase war jedoch erstaunlich kurz. Mittlerweile hat er’s kapiert und respektiert die Werke und Kunstobjekte, die bei uns überall herumstehen, lebt mit ihnen genauso wie wir. Ganz besonders zerbrechliche Gegenstände mussten wir natürlich erst mal wegräumen, aber damit kann ich leben.“ Dafür dürfen Leones Spielzeugautos im Wohnzimmer geparkt werden.

Auch die Ankunft von Baby Tosca hat die Familienidylle nicht sonderlich durcheinander gebracht. „Wir haben Leone drei Monate vor dem Geburtstermin eine Puppe gekauft, damit er sich schon mal auf das Baby vorbereiten lernt und mit einem kleinen Wesen vertraut wird. Das Puppenspielen hat wohl wirklich Früchte getragen: Er ist total rührend und zärtlich zu seiner kleinen Schwester und geht sehr sorgsam mit ihr um, also von Eifersucht keine Spur.“ Die beiden Kinderzimmer liegen nebeneinander und „verschwinden“ abends hinter eleganten Schiebetüren. So hat jedes Kind seinen eigenen Bereich und die Eltern sind ungestört. Das Schlafzimmer und Badezimmer der Eltern liegt im oberen Bereich der Wohnung.

Wohnen mit Kindern

Auch am großzügigen Familientisch spielt Kunst eine wichtige Rolle

Was die Einrichtung der Kinderzimmer betrifft, bleibt Amélie ihrem Motto treu: keine verspielten Blümchentapeten oder rosa Schleifen bei Tosca, keine blauen Flugzeug- oder Autotapeten bei Leone, dafür ein dicker Wollteppich aus Indien (handgemacht, aus reiner Wolle), ein schlichtes Kinderbett und allerhand Kunst und Kunstvolles an den Wänden. Das Kinderbett stammt von Smallable, die Bilder von befreundeten Künstlern. Trotzdem darf im Kinderzimmer auch mal Unordnung herrschen und es muss nicht ausschließlich mit hochwertigen Holzspielsachen gespielt werden.

Wohnen mit Kindern

Hell und gemütlich: Leones Zimmer


Im Kinderzimmer gelten Leones Regeln

„Wir haben Leone klar zu verstehen gegeben: Das Kinderzimmer ist sein Territorium und da darf er machen, was er will.“ Wenn mal wirklich zu großes Chaos herrscht, werden einfach die Schiebetüren zugemacht. Aus den Augen, aus dem Sinn sozusagen. „Das ist auch wirklich nicht schlimm. Ich sage mir dann einfach: Nach mir die Sintflut!“, meint Amélie und grinst ein bisschen schelmisch. „Ich selbst stamme schließlich auch aus einer kinderreichen Familie. Wir waren fünf Kinder zu Hause. Meine Mutter, eine Bildhauerin, war immer für uns da, ihre eigene künstlerische Tätigkeit musste da oft warten. Deshalb habe ich meinen Frieden damit gemacht: Kunst hin oder her, Kinder sollen schließlich Kinder bleiben.“

 

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